Aussendungen, Protest-Pressekonferenzen, angebliche "Geheimpapiere": Das geplante Aus von elf der 32 Notarzt-Stützpunkte in NÖ lässt die Wogen hochgehen. Dazu kommen Sorgen in der Bevölkerung, etwa dass Hubschrauber-Einsätze ohne entsprechende Privatversicherung selbst bezahlt werden müssen.
Dass Einsatzkosten eines Notarzthelis nicht von der Sozialversicherung übernommen werden, treffe in der Regel nur bei Sport- und Freizeitunfälle in alpinem Gelände zu. Andere Einsätze werden – wenn der Transport medizinisch notwendig ist – als Pauschale von der Sozialversicherung abgegolten, heißt es seitens von Notruf NÖ.
Zu einer Anaphylaxie oder einem Schlaganfall, wenn der Patient nicht gerade bewusstlos oder wiederzubeleben ist, werde seit Jahren kein Notarzt alarmiert. Diese Fälle werden – durch die mittlerweile hochwertige Ausbildung – von Notfallsanitätern mit Notfallkompetenzen problemlos bewältigt.
Bei der Reorganisation der Notfallversorgung in NÖ gehe es um eine Reaktion auf den drohenden bzw. bereits eingetretenen Ärztemangel, so Sprecher Stefan Spielbichler: "Es gibt nicht genügend Notärztinnen und Notärzte, um derzeit alle Stützpunkte zu besetzen. Daher werden die aktuellen Notarztstützpunkte auf ihre Sinnhaftigkeit evaluiert, um zukünftig ausreichend Ärztinnen und Ärzte zu haben, um die sinnvoll zu besetzenden Stützpunkte zu betreiben." Dafür werde sogar mehr Geld aufgewendet.
Von einer möglichen Schließung betroffen ist auch der Standort Waidhofen an der Ybbs. "Wir wollen gemeinsam ein starkes Zeichen setzen, auf die Notwendigkeit unseres lückenlos funktionierenden Notarztstützpunktes hinweisen und die Argumente noch einmal ausführlich zur Diskussion stellen", erklärte vor wenigen Tagen Waidhofens Bürgermeister Werner Krammer (ÖVP) bei einem Pressegespräch gemeinsam mit weiteren Bürgermeistern der Kleinregion, Vertretern des Roten Kreuzes und dem Mediziner-Komitee "Herzalarm".
Auch Vizebürgermeister Armin Bahr betonte: "Seit über zehn Jahren ist der Notarztstützpunkt Waidhofen, mit bis zu 1000 Einätzen pro Jahr, jeden Tag rund um die Uhr einsatzbereit. Die Gesundheit und die Sicherheit der Bevölkerung stehen an erster Stelle. Deshalb ist es nicht nachvollziehbar, warum funktionierende und bewährte Strukturen mutwillig zerstört werden sollen."
In medizinischen Notfällen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder schweren Verkehrsunfällen zähle jede Minute. Die Schließung des Notarztstützpunktes in Waidhofen würde unweigerlich zu längeren Anfahrtszeiten führen – deutlich über die kritische Grenze von 30 Minuten hinaus.
Notarzt Klaus Katzensteiner vom Roten Kreuz erklärt: "Eine optimale Notfallversorgung durch rasch verfügbare Notärzte kann ohne den Stützpunkt in Waidhofen nicht mehr garantiert werden. Der Rückgriff auf Notfallsanitäter in kritischen Situationen ist bei der aktuellen Ausbildungslage keine vertretbare Alternative." Er konkretisiert: "An der Bezirksstelle Waidhofen/Ybbs mit seinen zwei Ortsstellen in Kematen/Ybbs und Hollenstein/Ybbs gibt es nur einen Notfallsanitäter, der überhaupt annähernd über diese Qualifikation verfügt."
Ybbsitz Bürgermeister Gerhard Lueger warnte im Zuge der gemeinsamen Pressekonferenz: "Schon jetzt gibt es teilweise längere Anfahrtszeiten in entlegenere Gebiete im Ybbstal. Wenn der Stützpunkt geschlossen wird, sind wir mitunter bei einer Stunde." Und auch Göstlings Bürgermeister Friedrich Fahrnberger betont: "Ich glaube, es ist ganz wichtig, zu appellieren: Bitte überdenken Sie diesen Plan. Wir hatten hier Topqualität. Bei Gesundheit und Menschenleben darf es keine Einsparungen geben." Bürgermeisterin Manuela Zebenholzer ergänzt: "Alle anderen Spitäler der Statutarstädte in Niederösterreich haben einen Notarztstützpunkt – nur Waidhofen ist gefährdet. Wir müssen für unsere Bürgerinnen und Bürger aufstehen!"
Im Zuge der Gesundheitsreform in NÖ sollen nur noch 21 von 32 Notarzt-Stützpunkte bestehen bleiben. Betroffen sein sollen die Standorte Groß-Enzersdorf, Pöggstall, Waidhofen/Ybbs, Ybbs, Raabs, Retz, Hainburg, Klosterneuburg, Purkersdorf, Groß Gerungs und Aspang.
Auch das Mediziner-Komitee schlägt Alarm. Alfred Lichtenschopf: "Wir haben große Sorge. So kann das nicht gut ausgehen, wenn jene, die täglich mit den Herausforderungen konfrontiert sind, nicht in die Entscheidungen einbezogen werden."
Der Notarztstützpunkt spiele darüber hinaus eine wesentliche Rolle für die Ausbildung am Landesklinikum Waidhofen und für die Sicherstellung des Dienstbetriebs in der Inneren Medizin. Gleichzeitig sei er ein entscheidender Standortfaktor für Anästhesisten. Diese Punkte greifen auch die Bürgermeister der Kleinregion Ybbstal sowie ihre Kollegen aus St. Gallen, Altenmarkt, Weyer und Gaflenz in einem gemeinsamen Schreiben an Gesundheitslandesrätin Eva Prischl (SP) auf.
Das Rote Kreuz hat seinerseits bereits ein Schreiben an die Landesregierung übermittelt, in dem die Bedenken dargelegt werden. Auch der Gemeinderat Waidhofens habe ein gemeinsames Schreiben zum Krankenhausstandort an das Land Niederösterreich gerichtet.