Politik

Schulsprecher werfen Regierung Gemeingefährdung vor

Die Schulsprecher von 32 Wiener Gymnasien erheben per offenem Brief schwere Vorwürfe gegen die Regierung. Lob kommt hingegen von der Schülerunion.

Leo Stempfl
Teilen
Bildungsminister Faßmann beim Besuch einer Schule im Juni 2021.
Bildungsminister Faßmann beim Besuch einer Schule im Juni 2021.
HANS PUNZ / APA / picturedesk.com

Rund die Hälfte der Wiener Schüler besucht eine AHS-Unterstufe, ein gutes Drittel auch die Oberstufe. 32 der Wiener Gymnasien gehen jetzt mit einem alarmierenden Brief an die Öffentlichkeit. Darin werfen sie Bundeskanzler Sebastian Kurz, Bildungsminister Heinz Faßmann und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein Untätigkeit und eine bewusste Durchseuchung der Jugend vor.

"Es ist ein Schulstart der Krise", resümieren sie eingangs. Statt Sicherheit und Beständigkeit gibt es Unbehagen und Unsicherheit. Die aktuellen Maßnahmen würden direkt auf Schulschließungen zusteuern, obwohl die Verhinderung von erneutem Distance Learning von allen Beteiligten als oberstes Ziel erklärt wurde.

"Bis heute ist an unseren Schulen kein einziger Luftfilter angekommen."

Ein erstes Mittel für sicheren Unterricht sollten Luftreinigungsgeräte sein. Diese wurden von der Regierung anfangs als unnötig abgetan; Lüften würde reichen. Schließlich startete man doch ein "bürokratisch kompliziertes Verfahren", um den Bedarf zu erheben. Doch "bis heute ist an unseren Schulen kein einziger Luftfilter angekommen", beklagen die Schulsprecher.

Gemeingefährdung

Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Aktuell beträgt die Inzidenz unter den ungeimpften 12- bis 17-Jährigen über 400, bei den geimpften 60. Dass Corona für Kinder ungefährlich ist, sei ein Irrglaube. Das "unverantwortliche Handeln" zum Schulstart sei "Gemeingefährdung von uns Schüler:innen", die "'kontrollierte' Durchseuchung der Jugend" verstoße außerdem klar gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Diese legt fest, dass alle Kinder ein Recht auf das "erreichbare Höchstmaß an Gesundheit" haben.

"Die Solidarität, die wir am Anfang der Pandemie den Älteren gegenüber gezeigt haben, wird uns nun nicht gezeigt."

"Es ist also nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch kinderrechtswidrig, Masseninfektionen bei Schüler:innen wissentlich in Kauf zu nehmen." Weil man wieder Mal den Sommer verschlafen habe, sind nun überlastete Test-Plattformen, organisatorisches Chaos und große Unsicherheit die Folge. Durch den Umgang mit dem Virus wurde so auch die soziale Ungleichheit an Schulen noch größer, denn viele Familien haben oft nicht die Mittel für teures, technisches Equipment, Nachhilfe und Heim-Betreuung.

Die Forderungen

Die Schulsprecher der 32 Gymnasien stellen deswegen sieben Forderungen auf. Zur Sicherheit aller Schüler sollen flächendeckend Luftfilter angeschafft werden, für Kindergarten- und Volksschulpersonal brauche es eine Impfpflicht. Lehr- und Maturastoff soll gestrichen werden, um etwas Entlastung zu bringen. Der Fahrplan zur Matura 2022 soll noch dieses Jahr fixiert werden. Im Schulgebäude soll wieder FFP2-Maskenpflicht herrschen, bei Corona-Fällen in den Klassen klare Quarantäneregeln gelten. Bei alldem sollen Schüler mehr eingebunden und ihnen ein Mitspracherecht eingeräumt werden.

"Sehr geehrter Herr Kurz, Sehr geehrter Herr Faßmann, Sehr geehrter Herr Mückstein, werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht. Schützen Sie uns, hören Sie uns zu, entlasten Sie uns und sorgen Sie dafür, dass niemand mehr auf der Strecke bleibt. Sie sind es uns schuldig."

Schülerunion lobt Regierung

Naturgemäß anders sieht das die Schülerunion in einer Aussendung. "Dank des transparenten 3-Stufen-Plans für die Schule gab es kaum Verwirrung und nach einer Erklärung war auch jedem klar, wie der Schulbetrieb die kommenden Wochen ablaufen wird", heißt es darin. Zwar seien die Zahlen hoch, "wir sind jedoch sehr dankbar, dass durch die umfassende Teststrategie so viele Infektionsketten durchbrochen wurden", so die Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek.

Die Forderung von Bildungsminister Faßmann nach einer kürzeren Quarantäne hält man für "äußerst sinnvoll". Was es jetzt noch brauche, sei eine höhere Impfquote unter den Jugendlichen. "Deswegen appellieren wir weiterhin an alle Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen, sich und andere zu schützen, indem sie sich impfen lassen", so die Wiener Bundesobfrau Carina Reithmaier. 

;