Österreich hat nun sein erstes Urteil zur sogenannten Shrinkflation. Das Oberlandsgericht Wien stellte klar: Wenn Lebensmittelhersteller die Füllmenge reduzieren, Preis und Verpackung jedoch unverändert lassen, kann das eine Täuschung der Konsumenten sein.
Ausgangspunkt war eine Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen Iglo Austria. Beim Produkt "Iglo Atlantik Lachs" war die Nettofüllmenge von 250 auf 220 Gramm gesenkt worden – ohne Anpassung der Verpackung oder des Preises. Lediglich die kleine Gramm-Angabe auf der Vorderseite wurde geändert.
Wie die "Krone" berichtet, war das für das Gericht nicht ausreichend: Konsumenten gehen von einer gleichbleibenden Menge aus und erkennen die Reduktion meist erst beim Öffnen der Packung. Auch der Grundpreis im Regal reiche nicht aus, weil es den Käufern nicht zumutbar sei, sich die Preise verschiedener Produkte zu merken.
Seit 10. September ist das Urteil fix: Die Praxis verstößt gegen das Irreführungsverbot im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Iglo hat inzwischen die Füllmenge wieder auf 250 Gramm erhöht. Die letzte Lieferung mit 220-Gramm-Packungen erfolgte am 11. Juli 2025.
"Die temporäre, aufgrund gestiegener Rohwarenpreise vorgenommene Anpassung der Füllmenge wurde bereits vor Verkündung der OLG-Entscheidung aufgrund der Entspannung der Rohwarenpreise wieder auf 250 Gramm angehoben", hält Iglo zur Entscheidung fest. "Wir haben damit – unabhängig von der rechtlichen Bewertung - die positive Rohwarenpreisentwicklung bewusst und gerne weitergegeben."
Die Frage, ob, wie und über welchen Zeitraum eine Mengenänderung zusätzlich zu kennzeichnen wäre, bleibe laut Urteil offen, bemängelt Iglo. "Hier besteht weiterhin Rechtsunsicherheit für alle lebensmittelproduzierenden Unternehmen. Eine branchenweite Klärung und einen konstruktiven Dialog über praktikable und konsumentenfreundliche Lösungen – wie bereits von der Regierung angekündigt – begrüßen wir."
Die Bundesregierung sieht darin Rückenwind für ihre geplanten Maßnahmen. Unter Federführung von Sozial- und Wirtschaftsministerium soll noch heuer ein Gesetz gegen Shrinkflation entstehen, ergänzt durch Schwerpunktkontrollen im Handel.
SPÖ-Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig spricht gegenüber von einem "wichtigen Meilenstein": "Das Urteil zeigt, dass Shrinkflation nicht nur ärgerlich, sondern rechtswidrig ist."
"Die Politik muss handeln", so Königsberger-Ludwig. Das Wirtschaftsministerium werde nun einen Gesetzesentwurf vorlegen, um rasch eine Lösung zu finden.
Der Plan der Regierung, dass der Handel nun geänderte Füllmengen ausweisen muss, stößt beim Handel hingegen auf Gegenwind. "Der Aufwand ist enorm", stellt Rainer Trefelik, Bundesspartenobmann Handel, im Ö1-Morgenjournal klar.
"Es wird eine zusätzliche Bürokratie aufgebaut." Dass man dies dem Handel zuweisen will, findet Trefelik nicht in Ordnung: "Die verursachergerechte Lösung wäre es dem Hersteller umzuhängen."