Klimaschutz

Sommer wird immer heißer – und es kommt noch schlimmer

Eine der deutlichsten Auswirkungen des Klimawandels ist die stetige Erwärmung. In den Sommern führt das zu einer deutlichen Zunahme von Hitzewellen.

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Hitze und Dürre: Heutige Extreme werden bald neue Normalität werden.
Hitze und Dürre: Heutige Extreme werden bald neue Normalität werden.
picturedesk.com/APA/Helmut Fohringer

Was früher ein extrem heißer Sommer war, ist heute ein durchschnittlicher Sommer. Selbst die kühlsten Sommer der letzten 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt vor 1990. 

➤ Auswertungen des Deutschen Wetterdiensts (DWD), des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigen, dass die Sommer in allen Regionen und in allen Höhenlagen deutlich heißer geworden sind.

"Deutschland, die Schweiz und Österreich stehen im Bereich Klimawandel vor ähnlichen Herausforderungen, daher arbeiten der Deutsche Wetterdienst, MeteoSchweiz und die Zentralanstalt für Meteorologie in vielen Bereichen eng zusammen", sagt ZAMG-Direktor Michael Staudinger.

"In den Sommern sind vor allem die zunehmende Hitzebelastung, Dürre, Starkregen und Waldbrandgefahr ein Thema sowie die Gletscherschmelze und das Tauen des Permafrosts in den Alpen. Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels können wir nur effektiv bekämpfen, wenn wir über die Grenzen von Staaten und Fachgebieten hinweg zusammenarbeiten."

In den letzten Jahren zahlreiche Rekordsommer

In den letzten 40 Jahren zeichnet sich ein Trend zunehmender Hitze-Extrema ab. Die jüngste Vergangenheit brachte in Deutschland, der Schweiz und Österreich fast durchwegs Sommer im Rekordbereich. Die drei heißesten Sommer der Messgeschichte waren alle in den 2000er-Jahren: In der Schweiz und in Österreich sind das die Sommer 2003, 2015, 2019, in Deutschland die Sommer 2003, 2018 und 2019. Für die Gesundheit besonders relevant sind die immer häufigeren und längeren Hitzewellen sowie die immer geringere Abkühlung in den Nächten.

Sommerklima wird noch extremer werden

Der Sommer ist in der Schweiz, in Deutschland und Österreich ab den 1990er-Jahren massiv wärmer geworden. Dabei fällt ein drastisches Phänomen auf: Die Temperatur der extremsten Sommer vor dem Jahr 1990 ist in den letzten 30 Jahren zum Durchschnitt eines Sommers geworden. Was früher ein extrem heißer Sommer war, ist heute ein normaler (durchschnittlicher) Sommer. Selbst die kühlsten Sommer der letzten 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt vor 1990.

➤ In Österreich war beispielsweise der Sommer 2014 ein für das aktuelle Klima (Mittel 1991-2019) durchschnittlicher Sommer. Vor 1990 wäre er einer der 15 wärmsten Sommer der Messgeschichte gewesen.

Diese Entwicklung setzt sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahrzehnten fort. Bei weltweit unverändertem Ausstoß von Treibhausgasen werden Sommer, die heute für uns extrem heiß sind, Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein. Die "Ausreißer" einzelner Hitzesommer werden dann noch extremer sein als heute.

Hitze auch in Höhenlagen

Ein Indikator für die Zunahme von Hitze ist die Zahl der Tage mit mindestens 30 °C. Die Zahl der Hitzetage ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen, und hat sich zum Beispiel in Berlin und Wien in etwa verdoppelt. Selbst in Lagen oberhalb von 1.000 Meter Seehöhe wurden Temperaturen über 30 °C immer häufiger.

Selbst in den Bergen wird es immer mehr Hitzetage geben. Im Bild eine Wanderin am Mooserboden Stausee, Kaprun
Selbst in den Bergen wird es immer mehr Hitzetage geben. Im Bild eine Wanderin am Mooserboden Stausee, Kaprun
picturedesk.com/EXPA/JFK

In Österreich registrierte die ZAMG in Seefeld auf rund 1.200 Meter Seehöhe im Zeitraum 1961 bis 1990 nur in fünf Jahren Höchsttemperaturen mit mindestens 30 °C (durchschnittlich 0,3 Hitzetage pro Jahr). Im Zeitraum 1990 bis 2019 gab es in Seefeld in 13 Jahren zumindest einen Hitzetag (durchschnittlich 0,6 pro Jahr).

Konsequenter Klimaschutz wirkt

In den nächsten Jahrzehnten ist bei einem weltweit unveränderten Ausstoß von Treibhausgasen ("ungünstigstes" oder "worst-case-" Szenario, RCP 8.5) eine weitere deutliche Zunahme der Hitzetage in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu erwarten. Bei Einhaltung der Pariser Klimaziele (RCP 2.6) könnte sich die Entwicklung der Hitzetage in den nächsten Jahrzehnten auf dem aktuell hohen Niveau stabilisieren. Die Bandbreite der Klimamodelle (von-bis) ist dabei ein Hinweis auf die Unsicherheit der Berechnungen.

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    Änderung der geographischen Verteilung der 2m-Temperatur bis 2100 nach dem RCP-Szenarien 8.5 im Vergleich zum Mittel 1986-2005
    Änderung der geographischen Verteilung der 2m-Temperatur bis 2100 nach dem RCP-Szenarien 8.5 im Vergleich zum Mittel 1986-2005
    Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ)

    An der Messstation Bern-Zollikofen sind im worst-case-Szenario gegen Ende des Jahrhunderts ca. 30 bis 60 Hitzetage pro Jahr zu erwarten, derzeit sind es "nur" etwa 9 Hitzetage. Konsequenter globaler Klimaschutz (Einhaltung der Pariser Klimaziele, RCP 2.6) würde die Zunahme auf etwa 10 bis 20 Hitzetage pro Jahr eingrenzen, rechnet die ZAMG vor.

    Im Gebiet von Berlin und Brandenburg sind beim Klimaschutz-Szenario (RCP 2.6) Ende des Jahrhunderts 10 bis 16 Heiße Tage pro Jahr zu erwarten, im worst-case Szenario dagegen muss man mit 21 bis 35 Hitzetagen im Jahr rechnen.

    Hitzewellen werden häufiger

    Hitzewellen sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten häufiger und vor allem länger geworden. 

    ➤ Das Wetterphänomen lässt sich unterschiedlich definieren. Eine Möglichkeit, um sehr extreme und lange Hitzewellen zu analysieren, ist folgende Definition: Eine Serie von mindestens 14 Tagen, an denen der Durchschnitt der täglichen Höchsttemperatur mindestens 30 °C beträgt.

    Nach dieser Definition waren markante lange Hitzewellen in Deutschland, der Schweiz und Österreich vor dem Jahr 1990 relativ selten. In den letzten Jahren wurden sie immer häufiger und kommen in vielen großen Städten mittlerweile ungefähr alle zwei bis vier Jahre vor, zum Beispiel in Wien, Klagenfurt und Innsbruck (siehe Grafik unten).  Selbst das relativ weit im Norden liegende Berlin erlebte seit der Jahrtausendwende bereits die vierte dieser markanten Hitzewellen.

    Markante Hitzewellen seit 1951
    Markante Hitzewellen seit 1951
    ZAMG

    Belastung durch sehr warme Nächte

    Hitzewellen haben besonders in Städten eine große Auswirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung. Eine Ursache dafür ist auch, dass es in den Nächten weniger abkühlt als auf dem Land und daher zum Beispiel die Belastung für das Herz-Kreislaufsystem sehr hoch ist.

    ➤ Die Zahl der Tropennächte (Tiefstwert nicht unter 20 °C) hat in den letzten Jahrzehnten in Deutschland, der Schweiz und Österreich deutlich zugenommen. Dieser Trend dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen.

    In Wien gab es im Zeitraum 1971-2000 durchschnittlich ein bis zwei Tropennächte pro Jahr, im Zeitraum 1981-2019 waren es durchschnittlich vier Tropennächte pro Jahr. Der Rekord an der Wetterstation Wien Hohe Warte liegt bei 23 Tropennächten im Jahr 2015, an der Wetterstation Wien Innere Stadt bei 41 Tropennächte in den Jahren 2018 und 2019.

    Erwärmung verstärkt Dürreperioden

    Bei der Entstehung von Dürreperioden spielt neben dem Niederschlag auch die Temperatur eine große Rolle. Je wärmer es ist, desto mehr Feuchtigkeit verdunstet aus dem Boden. Außerdem verlängern höhere Temperaturen die Vegetationszeit und somit die Zeit, in der Pflanzen dem Boden Wasser entnehmen.

    ➤ Untersuchungen für Deutschland zeigen eine Abnahme der Bodenfeuchte im Frühling und im Sommer. In Österreich hat sich die klimatische Wasserbilanz im Sommerhalbjahr besonders im Osten und Norden des Landes zu trockeneren Verhältnissen verschoben.

    In der Schweiz zeigen Messungen in Bern, dass die letzten 12 Jahre während der Vegetationsperiode allesamt trockener waren als im langjährigen Durchschnitt. Das ist einzigartig in dieser Messreihe seit 1864. Die anhaltende und oft ausgeprägte Sommertrockenheit der letzten Jahre ist offenbar eine typische Folge der zunehmend heißeren und verdunstungsintensiveren Sommer in der Schweiz.

    Gletscher schmelzen, Nullgradgrenze steigt

    Die stetige Erwärmung wirkt sich auch deutlich im Gebirge aus. Zwei Beispiele: Österreichs Gletscher haben seit dem letzten Maximalstand der Alpengletscher im Jahr 1850 (letzter Höhepunkt der sogenannten "kleinen Eiszeit") knapp 60 Prozent an Fläche verloren.

    In der Schweiz betrug die mittlere Höhe der Nullgradgrenze im Sommer (JJA) in der Referenzperiode 1961-1990 noch knapp 3.350 Meter. Im Zeitraum 1959-2019 stieg sie um durchschnittlich 93 Meter pro 10 Jahre und erreicht heute regelmäßig Werte um 3.800 Meter Seehöhe.

    Waldbrandgefahr steigt

    Durch die Klimaerwärmung steigt die Gefahr von Wald- und Flurbränden. In Deutschland hat die von Waldbrand betroffene Fläche im Zeitraum 1991 bis 2017 signifikant zugenommen (DAS Monitoringbericht, 2019). Bei einem weiter fortschreitenden Klimawandel ist zu erwarten, dass sich die Zahl der Tage mit hoher bis sehr hoher Waldbrandgefahr weiter erhöhen wird.

    Seen und Flüsse werden wärmer

    Auch die Seen und Flüsse werden immer wärmer und die Zusammensetzung der darin lebenden Tiere und Pflanzen ändert sich. Eine Studie der ZAMG für zwölf Seen in Österreich zeigt, dass die Wassertemperaturen seit 1880 gestiegen sind, am stärksten seit den 1980er-Jahren im Frühling und im Sommer (bis zu 2 Grad Erwärmung).

    Der Neusiedler See hat durch mangelnden Niederschlag an Pegelstand eingebüßt
    Der Neusiedler See hat durch mangelnden Niederschlag an Pegelstand eingebüßt
    MARIO MICHLITS / APA / picturedesk.com

    Nach einer Studie aus Deutschland (KLIWAS, 2015), an der der DWD beteiligt war, ist es wahrscheinlich, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts die Flusswassertemperaturen um 1 bis 2 °C steigen werden. In Kombination mit häufigeren Niedrigwasserständen in den Sommermonaten hat dies vielfache Auswirkungen auf die Flussökologie, Binnenschifffahrt und Energiewirtschaft.