Wien-Wahl

Strache an Crime-Hotspots: "Gibt 2 Rassen von Menschen"

Heinz-Christian Strache will bei der Wien-Wahl am 11. Oktober in den Landtag einziehen. "Heute" begleitete ihn zu den "Crime-Hotspots" der Stadt.

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HC Strache und Zoran Kovacevic
HC Strache und Zoran Kovacevic
"Heute"

Vor 16 Monaten noch entstieg Heinz-Christian Strache noblen Staatskarossen. Nun schlägt er sich im "Partybus" die Nächte um die Ohren. Nein, nicht auf Ibiza. In Wien. Hier kämpft der Vizekanzler außer Dienst bei der Wahl am 11. Oktober um sein politisches Überleben und versucht, mit seinem jahrzehntelangen Leibthema zu punkten – Sicherheit und Migration. "Heute" begleitet Strache (51) und seinen Sicherheitssprecher Zoran Kovacevic (33) zu den "Crime-Hotspots" der Stadt. Kovacevic muss sie kennen; schließlich ist er Polizist und war viele Jahre bei der Bereitschaftseinheit tätig, die gerufen wird, wenn's wo brennt. Mittlerweile ist er Wega-Ausbildner, von der FPÖ zu Strache übergelaufen und ringt mit ihm um einen Einzug in den Wiener Landtag.

Im Partybus zum Praterstern

Die Tour beginnt in der Wiener City unweit des Rathauses, wo Strache sein Headquarter besitzt – in einem ausgeborgten Bus der Cocktail-Bar "Comodo". Roland Hofbauer, langjähriger Journalist und nunmehriger Presse-Profi Straches, lenkt ihn. Cocktails werden keine gereicht, auch Wodka Red Bull gibt's nicht. Dafür schenkt Strache Hochprozentiges ein, aus der aktuellen Kriminalstatistik. Sein persönliches Empfinden? "Ich fühle mich immer weniger sicher. Die Kriminalitätsentwicklung ist besorgniserregend."

Station eins ist am Praterstern. Ehe Strache aussteigt, zupft er sich den Mund-Nasenschutz zurecht und fragt fachmännisch: "Werden wir hier eh nicht abgeschleppt?" Dann geht's in Richtung Bahnhofsareal. Strache tritt extrem zurückhaltend auf, möchte von großen Gruppen nicht zwingend erkannt werden.

Heinz-Christian Strache und Zoran Kovacevic bei der ersten Station am Wiener Praterstern
Heinz-Christian Strache und Zoran Kovacevic bei der ersten Station am Wiener Praterstern
Michael Mairhofer

"Dealer sind froh wenn sie 15-20 Euro einnehmen"

Lieber lässt er seinen Polizisten sprechen. Laut Zoran Kovacevic kommt es hier, in der Leopoldstadt, vor allem bei der Prater Hauptallee zu Sittlichkeitsdelikten und Sexualstraftaten. Bewegt man sich in Richtung des U-Bahn-Eingangs, sind bestimmte Verhaltensmuster junger Männer sichtbar.

Entweder stehen sie in kleinen Gruppen oder einzeln in der Nähe des Bahnhofs. Dort werden dann junge Wiener angesprochen, welche versuchen, die Drogen an den Mann zu bringen, erzählt Kovacevic. Größtenteils handelt es sich hier um kleinere Mengen Cannabis, die in den Umlauf kommen. "Fragt man dann als Beamter, was die hier machen, bekommt man meist die Standardantwort zu hören: 'Ich warte auf einen Freund'", so der Polizist auf HC Straches Liste, der hier mehrere Jahre seinen Dienst verrichtete. 

Die sogenannten "Bunker", in denen größere Mengen Drogen zwischengelagert werden, befinden sich in der unmittelbaren Umgebung, etwa bei Mülltonnen oder in Gebüschen. Dabei ist laut Kovacevic die Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft gegenüber den Polizisten bei Kontrollen besonders hoch: "Die verdächtigen Männer haben keinerlei Respekt vor den uniformierten Beamten, denn sie haben schließlich nichts zu verlieren. Sperrt man sie ein, sind sie sehr bald wieder auf freiem Fuß und gehen ihren illegalen Tätigkeiten weiter nach." Ein Katz-und-Maus-Spiel also.

Heinz-Christian Strache mit den "Heute"-Journalisten Maxim Zdziarski (l.) und Clemens Oistric in der Leopoldstadt.
Heinz-Christian Strache mit den "Heute"-Journalisten Maxim Zdziarski (l.) und Clemens Oistric in der Leopoldstadt.
Michael Mairhofer

15 bis 20 Euro Drogen-Marge pro Abend

Was so ein Dealer in einer Nacht kassiert, lässt sich laut dem WEGA-Ausbildner zwar nur schätzen, viel sei es aber nicht. "Durch die große Konkurrenz nimmt man beim Praterstern etwa 15 bis 20 Euro am Abend ein – und dann ist man schon froh", so Kovacevic im "Heute" -Gespräch. Aus polizeilicher Sicht könne die Problematik nur mit härteren Strafen und einer Null-Toleranz-Politik in den Griff bekommen werden. "Rudi Giuliani hat in New York vorgezeigt, wie's geht."

Heinz-Christian Strache: "Das Wahlrecht muss ein Staatsbürgerrecht bleiben."

Weiter geht's dann auch für den Tross um Strache – neben Kovacevic, Chauffeur Hofbauer sowie dem Gründer des THC ("Team HC Strache") sind auch Ex-Nationalratsabgeordneter Christian Höbart und Straches Bodyguard mit von der Partie. Man geht ein paar Meter durch den Wurstelprater. Dort wollen einige junge Tschetschenen mit Strache ein Selfie machen. Anschließend bitten sie ihn um die Staatsbürgerschaft. Strache lächelt gequält und geht weiter. "Heute" greift den Ball auf, schließlich darf ein Drittel der in Wien Lebenden am 11. Oktober nicht zur Urne schreiten. "Wahlrecht muss ein Staatsbürgerrecht bleiben – und diese steht am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses", stellt Strache klar.

Polizei entwaffnen? "Schnapsidee"

Als das geklärt ist, rauscht wie bestellt ein Streifenwagen mit Blaulicht und Karacho in die Szenerie. Strache ärgert sich: "Unsere Polizisten erleben immer häufiger, dass man ihnen respektlos begegnet." Über einen Vorstoß von Birgit Hebein (Grüne) schüttelt er den Kopf: "Schnapsideen, dass man sie auch noch entwaffnet, brauchen wir nicht. Man wird ja einen Bankräuber nicht mit Wattebäuschchen bewerfen.""

Vielmehr ist er für eine personelle Aufstockung der Exekutive: "In Wien fehlen Planstellen. Mit einem Ordnungsamt, das etwa zu Lärmbelästigungen ausrückt, könnte man die Polizei entlasten, das wäre notwendig", so Strache.

Heinz-Christian Strache und Zoran Kovacevic am Reumannplatz im Gespräch mit Clemens Oistric (<em>"Heute"</em>)
Heinz-Christian Strache und Zoran Kovacevic am Reumannplatz im Gespräch mit Clemens Oistric ("Heute")
Michael Mairhofer

Strache: "Ich bin Opfer"

Der zweite Halt ist in Wien-Favoriten, wo laut Strache die Kriminalität von 2018 auf 2019 um zehn Prozent gestiegen ist. "Es kommt hier schon zu 50 Straftaten am Tag", rechnet er vor. Im "Heute"-Interview (siehe Video) empfindet er es als "Schweinerei", dass man angesichts der Ibiza- und Spesenaffäre sagt, sein Büro wäre der wahre Crime-Hotspot Wiens gewesen: "Ich bin ein unbescholtener Bürger, der mit massiven Verleumdungen und anonymen Anzeigen konfrontiert ist. Ich bin nicht Täter, ich bin Opfer. Am Ende werden jene, die so agieren, die Rechnung bekommen."

Strache: "Ich bin ein anständiger Mensch, der sich immer für andere eingesetzt hat."

Ob er sich selbst etwas zuschulden kommen lassen hat? "Ich war immer ein rechtschaffener, anständiger Mensch. Ich bin ein Mensch mit einem großen Herz, der sich immer für andere eingesetzt hat. Deshalb ist es so enttäuschend, mit welchen Ungerechtigkeiten man konfrontiert wird."

"Es gibt zwei Rassen von Menschen"

Am Viktor-Adler-Markt bitten erneut drei Jugendliche mit Migrationshintergrund Strache um ein Foto. Antwort: "Wenn du die Hände aus dem Hosensack gibst, gerne." Die Burschen freuen sich über den Schnappschuss, jagen ihn in der Sekunde auf Insta raus. Aber wissen sie eigentlich, wie der Herr auf dem Selfie Zuwanderern gegenüber eingestellt ist? Strache selbst will kein Ausländerhasser sein; mehrere Kandidaten mit Migrationshintergrund (Bosnien, Irak) stünden immerhin auf seiner Liste. Wo er die Grenze zieht? "Wie hat Viktor Frankl gesagt? Es gibt zwei Rassen von Menschen – anständige und unanständige. Wir wollen anständige. Die gehören gefördert. Zu jenen, die gewaltbereit und nicht bereit sind, zu arbeiten, muss man sagen: 'Ihr habt hier nichts verloren.'"

Drei Teenager bitten H.-C. Strache in Favoriten um ein Selfie.
Drei Teenager bitten H.-C. Strache in Favoriten um ein Selfie.
Michael Mairhofer

"Geht Richtung Zweistelligkeit"

Verlieren – daran will Strache selbst nicht denken. Schließlich gehe es am 11. Oktober für ihn und sein Team in Richtung Zweistelligkeit, so seine Prognose. Eine "Heute"-Umfrage in Kooperation mit ATV sah ihn in der Vorwoche bei 5 Prozent. Seine Persönlichkeitswerte sind trotz aller Skandale nach wie vor besser als jene seines Nachfolgers Dominik Nepp (FP) und denen der Grünen Birgit Hebein. Warum? "Viele Wienerinnen und Wiener wissen, was ich in den letzten 15 Jahren geleistet habe und dass ich mich für die Bevölkerung eingesetzt habe", lautet die wohlmeinende Selbsteinschätzung.

Danach ist die nächtliche Ausfahrt – zack, zack, zack – nach drei Stunden auch wieder vorbei. Der "Partybus" setzt Strache in seinem Heimatbezirk Landstraße ab. "Ich bin seit über 50 Jahren ein echter Wiener", adressiert er in Anspielung auf die Wohnsitz-Affäre noch eine Spitze an seine Kritiker – und ist mit Leibwächter dahin. Sicher ist sicher.