Zu viele Häftlinge, zu wenig Personal – Österreichs Gefängnisse platzen aus allen Nähten. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) will gegensteuern und setzt auf Neubauten.
Im APA-Gespräch kündigte Sporrer an, im kommenden Jahr zwei Projekte starten zu wollen: eine neue Justizanstalt sowie – wenn möglich – ein forensisch-therapeutisches Zentrum "im Westen" Österreichs. Gespräche mit dem Finanzminister seien bereits "avisiert". Der Bau werde ihre Amtszeit voraussichtlich überdauern.
"Die Situation in den Strafanstalten ist ernst. Es gibt einen Überbelag und es gibt zu wenig Personal", sagte Sporrer. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt vor allem die Justizanstalt Josefstadt, die bei laufendem Betrieb saniert wird. Die Finanzierung aller aktuellen Bauvorhaben sei gesichert, betonte die Ministerin. Kritik am Strafvollzug weist sie zurück: Ihre Vorgängerin habe zwar Schritte gesetzt, "aber etwas zu spät und etwas zu wenig, im Vergleich zu dem, was an Bedarf besteht." Auch das Bevölkerungswachstum verschärfe die Lage.
Die Sanierung der Josefstadt sei "natürlich eine Herausforderung". "Ich bin seit einem dreiviertel Jahr im Amt. Wenn ich Zeit hätte, würde ich selber auf der Baustelle stehen."
Fix ist nun der Start des Vollbetriebs im neuen Jugendgefängnis am Münnichplatz in Wien-Simmering. Bis Ende Jänner sollen dort 72 Insassen untergebracht sein, die Amtseinführung findet am 19. Jänner statt. Medizinische und therapeutische Betreuung sei gesichert, zudem können vier Lehrberufe erlernt werden. "Sollte die Haft kürzer sein als die Lehrdauer (Kurzlehren von ein bis eineinhalb Jahren, Anm.), kann die Lehre dort fortgesetzt werden, und man sieht im Lehrabschlusszeugnis nicht, dass sie in einer Haftanstalt absolviert wurde."
Zur Entlastung setzt die Regierung auch auf bedingte Entlassungen und den Ausbau der Fußfessel. Diese allein reiche aber nicht aus, so Sporrer: "Derzeit befinden sich ca. 360 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest, wir rechnen mit 150 mehr pro Jahr. Das kann nur eine von mehreren Entlastungen sein angesichts der tatsächlichen Zahlen."
Auch Haftüberstellungen ins Ausland sowie eine Personaloffensive sollen helfen. Rund fünf Prozent der Justizwache-Stellen und elf Prozent im nicht exekutiven Bereich sind unbesetzt. "Aber nächstes Jahr wollen wir an eine breite Öffentlichkeit treten und erklären, welche interessanten Berufe im Rahmen einer Justizanstalt, einer Haftanstalt, eines forensisch-therapeutischen Zentrums ergriffen werden können."