Wegen des eskalierten Grenzkonflikts mit Kambodscha hat Thailand in mehreren Grenzbezirken das Kriegsrecht verhängt. In sieben Bezirken der an das Nachbarland angrenzenden Provinz Chanthaburi und einem Bezirk der benachbarten Provinz Trat sei "das Kriegsrecht jetzt in Kraft", erklärte der örtliche Grenzschutzkommandeur Apichart Sapprasert am Freitag. Der seit Jahrzehnten schwelende Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha war diese Woche eskaliert.
Nach Angaben der 2. thailändischen Armee haben kambodschanische Truppen mehrere Grenzdörfer unter Beschuss genommen, darunter die Regionen um Tha Phraya und Na Pho. Die thailändischen Streitkräfte reagierten mit kontrolliertem Artilleriefeuer, um die Angriffe abzuwehren. Die Armee berichtet weiter, dass bei den Gefechten auf kambodschanischer Seite rund 100 Soldaten getötet wurden. Diese seien bei anhaltenden Gefechten im Gebiet des Phu-Phee-Aussichtspunkts im Bezirk Kantharalak getötet worden.
Die Kämpfe hatten am Donnerstag in der Nähe von zwei Tempeln an der Grenze zwischen der thailändischen Provinz Surin und der kambodschanischen Provinz Oddar Meanchey begonnen. Dort ist die Grenzziehung seit Jahren umstritten. Die Streitkräfte beider Seiten beschossen sich mit Artillerie, Raketen griffen aus der Luft an. Nach thailändischen Angaben wurden bislang mehr als 138.000 Menschen aus dem Grenzgebiet evakuiert.
Beide Länder trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich. Im Zentrum des Streits steht der Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört und von beiden Ländern beansprucht wird.
Der umstrittene Tempel soll durch die Kämpfe Schaden genommen haben: "Die Attacken, die sowohl Artilleriebeschuss als auch Luftangriffe umfassten, haben die heilige Stätte, die für das kambodschanische Volk von immenser kultureller, historischer und spiritueller Bedeutung ist, schwer beschädigt", teilte das Kulturministerium in Kambodscha mit.
Wer die Kämpfe gestartet hat, war derweil weiter unklar. Beide Seiten werfen sich vor, das Feuer eröffnet zu haben. Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Manet hatte noch am Donnerstag den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, dringend eine Sitzung zu dem "unprovozierten, vorsätzlichen und gezielten Angriff auf Kambodscha" einzuberufen. Das UN-Gremium will am Freitagabend (MESZ) zu dem Thema zusammenkommen.