"Wir zahlen eine horrende Miete, wir erleben wahnsinnige Teuerungen bei den Produkten, die Fixkosten sind sehr hoch, die Lohnkosten sind extrem", klagt ein prominenter Wiener Wirt im Gespräch mit "Heute".
Der finanzielle Druck verändert seit vielen Jahren die Wiener Kaffeehauskultur nachhaltig. In den Wiener Traditionshäusern, vor denen tagsüber lange Warteschlangen von Touristen stehen, hat man sie eh schon eingeführt, die "Time Slots" – Tische, die nur für ein bestimmtes Zeitfenster vergeben werden.
Und noch ein typisches Merkmal Wiens ist verloren gegangen. Kaum ein Gastronom kann sich die einstige Wiener Gemütlichkeit noch leisten: Einen ganzen Vormittag gemütlichen Zeitungslesen bei einem kleinen Kaffee – ein herrliches Ritual, für den Wirt aber kein gutes Geschäft.
Genauso wie die meisten Bürger müssen auch die Kaffeehausbetreiber schauen, wie sie in der angespannten Wirtschaftslage, trotz Energiekrise und der Inflation, überleben. Die Kaffeehäuser sind die Seele Wiens – aber sie sind zugleich Wirtschaftsunternehmen, sie arbeiten, um Geld zu verdienen.
Zu unnötigen Umsatzeinbußen führt auch die Rücksichtslosigkeit mancher Gäste: So berichtet ein Wirt vom fehlenden Feingefühl vieler Kunden. "Wenn sich der Gast, ohne zu fragen, alleine an den schönsten und größten Tisch setzt", das ärgert den Wirt.
Ein anderer Wiener Wirt, Betreiber eines großen Traditionscafés, sagte zu "Heute": "Ich erlebe es, dass Einzelgäste vollkommen überreagieren, wenn sie nach stundenlangem Sitzen beim günstigsten Getränk höflich vom Personal gefragt werden, ob sie ihren großen Tisch eventuell für eine große Gruppe freigeben und an einen kleineren Tisch umziehen würden. Diesen Ton habe ich satt", so der Wirt. Die Mehrheit der Gäste sei aber schwer in Ordnung, betont er.