Die Vereinten Nationen feiern heuer ihr 80-jähriges Bestehen, aber zum Feiern ist kaum wem zumute. Nächste Woche treffen sich die Staats- und Regierungschefs zur Generaldebatte in New York.
Dort wird es ordentlich krachen: Es wird ein heftiger Streit über die geplante Anerkennung eines Palästinenserstaats durch Frankreich und neun weitere Länder erwartet. Auch US-Präsident Donald Trump will eine Rede halten. Mit seinem Sager "America first" stellt er den Kurs der UNO ordentlich in Frage.
Bundeskanzler Friedrich Merz bleibt daheim und schickt Außenminister Johann Wadephul nach New York. Während der UN-Tagung läuft in Berlin nämlich die sogenannte Haushaltswoche im Bundestag.
Dass der Kanzler nicht dabei ist, ist nichts Neues: Schon im Vorjahr hat Merz' Vorgänger Olaf Scholz seine Außenministerin Annalena Baerbock nach New York geschickt. Nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl im Februar ist Baerbock selbst nach New York gewechselt und führt heuer die UN-Generalversammlung offiziell an.
"Die Welt braucht die Vereinten Nationen", sagte Baerbock Anfang September bei ihrer Antrittsrede. Angesichts der vielen Krisen und Konflikte gebe es zur UNO "einfach keine Alternative". Sie erinnerte daran, dass die Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg im Oktober 1945 gegründet wurden, um durch internationale Zusammenarbeit den Frieden zu sichern.
Doch diese Aufgabe ist im 80. Jahr ihres Bestehens schwieriger denn je. Die geplante Anerkennung eines Palästinenserstaats durch Frankreich und neun weitere Länder sorgt am Rande der UN-Tagung für ordentlich Zündstoff unter den 193 Mitgliedsstaaten. Neben Frankreich wollen laut Paris auch Großbritannien, Kanada, Belgien, Luxemburg, Australien, Portugal, Malta, Andorra und San Marino den Palästinensern diesen Schritt in Aussicht stellen – vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs.
Macron begründet seinen Vorstoß offiziell mit dem Einsatz "für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten". Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wirft dem französischen Präsidenten dagegen eine "Belohnung für Terror" der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen vor. Kurz vor der UN-Tagung erklärte er Macron sogar zur unerwünschten Person in Israel. Netanjahu wird diese Anschuldigungen wohl auch nächste Woche bei seinem Auftritt in New York wiederholen. Am Tag davor meldet sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu Wort. Weil die USA ihm das Visum verweigern, darf Abbas diesmal eine aufgezeichnete Videobotschaft an die UNO schicken.
Deutschland steckt wegen des Streits unter den Verbündeten in der Klemme. Die Bundesregierung sagt offiziell, sie plane "kurzfristig" keine Anerkennung eines palästinensischen Staats. Außenminister Wadephul wird diese Linie wohl am Samstag bei seiner Rede bekräftigen.
Macron kann sich auf eine klare Mehrheit in den Vereinten Nationen verlassen. Über 140 Staaten weltweit haben einen Palästinenserstaat bereits anerkannt oder wollen es tun. Trump schert das wenig: Er nennt die französische Initiative "unbedeutend" und schimpfte beim Besuch des britischen Premiers Keir Starmer, weil dieser Macron unterstützt.
Am Dienstag wird Trump den Vereinten Nationen ordentlich die Leviten lesen. Multilateralismus hält er für unnötig, wie seine "Amerika-zuerst"-Politik zeigt. Trump hat die UNO immer wieder kritisiert und die Geldmittel massiv gekürzt. Außerdem hat er Sanktionen gegen ranghohe UN-Vertreter verhängt, denen er eine feindselige Haltung gegenüber den USA und Israel vorwirft.
Andere UN-Themen geraten dadurch in den Hintergrund. Am Mittwoch geht es in New York um den Klimaschutz. Auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bleibt ein großes Thema für die Staatengemeinschaft.