"Mehr Migranten ins Land zu locken, kann niemand wollen", sagt Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (61) im großen "Heute"-Interview. Die mächtige VP-Politikerin fordert vom Bund eine Wartezeit für den Zugang zur Mindestsicherung und will die Geldstrafen für Intergrationsverweigerer auf Schulen ausdehnen. Wie sie die Bundesregierung und die Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen in NÖ beurteilt ...
"Heute": Frau Landeshauptfrau: Die Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und Neos hat sich für das erste Halbjahr ein "Gut" gegeben. Ihr Stellvertreter Udo Landbauer verteilte einen glatten "Fleck". Wie beurteilen Sie den Start?
Johanna Mikl-Leitner: Der Wille, das Richtige zu tun, ist da. Es ist richtig, den Familiennachzug auszusetzen. Es ist richtig, wieder nach Syrien abzuschieben. Und es ist unverzichtbar, Zuwanderern eine Integrationsverpflichtung aufzuerlegen – mit strengen Geldstrafen. Österreich ist unser Land – mit unseren Regeln.
Unsere Regeln, die häufig mit Füßen getreten werden. Was soll mit jenen Menschen passieren, die unsere Werte nicht teilen?
Es geht um Selbstverständlichkeiten: Dass wir Konflikte nicht mit dem Messer regeln, dass Mädchen und Buben gleich viel wert sind oder dass alle, die in Österreich leben, Deutsch lernen müssen. Wer die Regeln nicht befolgt, muss mit Konsequenzen rechnen und am besten wieder nach Hause gehen.
In Niederösterreich gehen Sie einen Schritt weiter, haben nun sogar Geldstrafen ins Auge gefasst.
Wir leben eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber dem radikalen Islam, weil wir unsere Landsleute vor diesen Strömungen schützen wollen, wie das verhinderte Attentat auf die Taylor-Swift-Konzerte im Sommer des Vorjahres gezeigt hat. Dazu haben wir ein umfassendes Maßnahmen-Paket auf den Weg gebracht, das unter anderem Strafen von bis zu 2.500 Euro für Zuwanderer-Eltern vorsieht, die keinen Beitrag zur Integration ihrer Kinder im Kindergarten leisten wollen. Es wäre höchst sinnvoll, dieses niederösterreichische Modell auch in der Schule umzusetzen.
Was spricht dagegen, das zu tun?
Zuständig dafür ist der Bund. Ich kann nur darauf drängen, mit Tempo die Umsetzung voranzutreiben. Dem radikalen Islam und der Gewalt in unseren Schulen müssen wir entschieden entgegentreten und da dürfen wir keine Zeit verlieren.
„Mehr Migranten ins Land zu locken, kann wirklich niemand wollen.“Johanna Mikl-LeitnerLandeshauptfrau NÖ
Sie haben bei der viel diskutierten Mindestsicherung zuletzt in "Heute" gefordert, dass bei einer bundesweit einheitlichen Regelung kein Cent mehr als in NÖ ausgezahlt werden dürfe. Die Verhandlungen sind zuletzt ins Stocken geraten. Bleiben Sie bei Ihrem Zugang?
Niederösterreich hat richtigerweise die strengste Sozialhilfe aller Bundesländer. Das wird nicht nur so bleiben, damit wollen wir auch Vorbild für andere Bundesländer sein. Denn eine üppig ausgestaltete Mindestsicherung ist ein Problem: Sie ist ungerecht gegenüber jenen, die jeden Morgen aufstehen, arbeiten gehen, Steuern und Abgaben zahlen und damit unser Sozialsystem und unsere Krankenhäuser am Laufen halten. Wir brauchen keinen Retro-Sozialismus. Vielmehr müssen wir der Leistungsbereitschaft und dem Wirtschaftswachstum wieder zum Comeback verhelfen.
SPÖ-Sozialministerin Schumann spricht sich aber gegen ein degressives Modell aus, das geringere Beträge bei hoher Kinderanzahl vorsehen würde ...
Ich bin davon überzeugt, dass zu hohe Sozialleistungen ein Pull-Faktor für Zuwanderer aus aller Welt darstellen: Mehr Migranten ins Land zu locken, kann wirklich niemand wollen.
„Mit Trinkgeld-Abgaben kann der Finanzminister seinen Staatshaushalt nicht sanieren.“
Wie kann man das unterbinden?
Es braucht vom Bund auch eine Wartefrist für den Zugang zu Sozialleistungen. Ich bin mir sicher, damit würden wir vielen, die nur wegen unserer Sozialhilfen nach Österreich kommen wollen, den Anreiz nehmen.
Sie haben die Debatte um abgabenfreies Trinkgeld angestoßen. Die Koalition konnte sich bisher nicht einigen. Es gibt es eine Debatte um die Höhe des Pauschalbeitrags. Kann es in Zeiten eines Milliarden-Defizits eine komplette Befreiung geben?
Trinkgeld ist eine der unmittelbarsten Formen der Leistungshonorierung. Daher bin ich überzeugt, dass im Mutterland der Gastfreundschaft der Staat die Finger vom Trinkgeld lassen sollte. Mit Trinkgeld-Abgaben kann der Finanzminister seinen Staatshaushalt nicht sanieren, das gelingt nur, wenn die Menschen in diesem Land die Sicherheit haben, dass sie mit ihrer Arbeitsleistung mehr erreichen können als mit dem Bezug von Sozialleistungen.
Auch für die Betriebe ist das Abführen von Beiträgen ein zusätzlicher Aufwand. Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit dem Bürokratie-Abbau, für den Sepp Schellhorn verantwortlich ist?
Das Bürokratie-Dickicht ist in vielen Teilen so dicht, dass es das wirtschaftliche Fortkommen von Betrieben und Mitarbeitern erschwert. Wir müssen dieses Dickicht lichten. Im Mostviertel wartet die Bevölkerung seit rund 2 Jahrzehnte auf die Umsetzung der Mauthausen-Brücke. Es klingt wie ein Schildbürgerstreich, dass eine Analyse von Fledermaus-Flugrouten das Projekt weiter verzögert, während die Menschen täglich im Stau stehen. Wir müssen Verfahren deutlich vereinfachen und beschleunigen. Ein erster Schritt wäre es, Gold Plating zu verbieten.
Was meinen Sie damit konkret?
Bei der Umsetzung der EU-Regeln müssen zusätzliche nationale Verschärfungen unterlassen werden und bereits bestehende bürokratisch "vergoldete" Regeln müssen überprüft werden.
Gestatten Sie, dass wir auf Niederösterreich zu sprechen kommen. Sie haben nicht nur Halbjahres-Bilanz, sondern die Hälfe der Legislaturperiode hinter sich gebracht. Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen?
Zwei Drittel unserer Landsleute sind mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden. Das zeigt, dass mutige Reformen, die Niederösterreich weiterbringen, von der Bevölkerung auch honoriert werden.
Welche Maßnahmen sprechen Sie da an?
Der Gesundheitsplan wird die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung sichern, auch wenn unsere Gesellschaft immer älter wird. Unsere umfassende Verwaltungsreform wird unser Land von unnötigem bürokratischem Ballast befreien. Und bei der Hochwasserkrise im Vorjahr, die unser Land so hart getroffen hat, wie keine andere Katastrophe seit Beginn der Aufzeichnungen, haben wir so umfassend geholfen wie nie zuvor.
Der Wirtschaftsminister will Teilzeit-Arbeit reduzieren. Was wurde eigentlich aus den versprochenen zusätzlichen Kindergarten-Plätzen, die dafür für viele Familien eine Voraussetzung sind?
Kinder sind unsere Zukunft, daher widmen wir uns in Niederösterreich gemeinsam mit den Gemeinden auch in Zeiten knapper Kassen der Kinderbetreuungsoffensive mit großer Hingabe: Über 500 neue Gruppen wurden seitens des Landes bereits gefördert! Denn unsere Mission ist klar: Wir arbeiten an der besten Zukunft für unsere Kinder!
Frau Landeshauptfrau, danke für das Gespräch.