"Auswüchse unterbinden"

"Kein Cent mehr ...": Mikl-Machtwort zu Sozialhilfe

Die niederösterreichische Landeschefin sagt zur Höhe der "Sozialhilfe neu" unmissverständlich: "Kein Cent mehr als in NÖ." Arbeit müsse sich lohnen.
Clemens Oistric
05.06.2025, 05:15
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Jetzt bringt sich Niederösterreichs mächtige Landeschefin in die Debatte um die "Sozialhilfe neu" ein: Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagt gegenüber "Heute", dass ihr Bundesland "Pate stehen kann für ein bundeseinheitliches System". Bei der Höhe nennt sie eine sehr klare Grenze: "Kein Cent mehr, als wir in NÖ bezahlen." Hintergrund: "Arbeitsleistung muss immer bessergestellt sein als die Sozialleistung!"

Das "Heute"-Interview

"Heute": Frau Landeshauptfrau, im Bund ist keine Zusammenarbeit der ÖVP mit der FPÖ zustande gekommen. In NÖ gibt es eine – wie läuft sie?

Johanna Mikl-Leitner: Wir arbeiten ein ambitioniertes Arbeitsübereinkommen ab und sind inhaltlich unserer Zeit voraus. Mittlerweile sind über 50 Prozent abgearbeitet. Ich denke, es ist gelungen, die erfolgreiche Arbeit in Niederösterreich fortzusetzen. Wir haben sehr viele Meilensteine vorangebracht.

Welche Maßnahmen betrachten Sie konkret als Meilenstein?

Eine groß angelegte Aufgabenreform – wir sind auf dem Weg zur effizientesten Landesverwaltung in Österreich. Dazu die Gesundheitsreform 2040+ mit dem Ziel, die Gesundheitsversorgung im ganzen Land auf hohem Niveau zu sichern. Diese wurde mit allen in der Landesregierung vertretenen Parteien beschlossen. Gesundheit ist für unsere Landsleute das Wichtigste.

„Was mir als Frau und Mutter wichtig ist, ist ein Kopftuchverbot für Mädchen. Das ist eine Forderung an den Bund“
Johanna Mikl-LeitnerLandeshauptfrau NÖ

Sie haben ein Aktionspaket gegen den radikalen Islam angekündigt. Wann wird dieses ausgerollt?

Mit dem Beginn des neuen Kindergartenjahres müssen Eltern integrationsunwilliger Familien mit bis zu 2.500 Euro Strafe rechnen, wenn sie ihren Mitwirkungspflichten im Kindergarten nicht nachkommen. Was mir als Frau und Mutter wichtig ist, ist ein Kopftuchverbot für Mädchen. Das ist eine Forderung an den Bund, denn ich halte dieses Unterdrückungssymbol in einer freien Gesellschaft nicht für angebracht.

Und die Beobachtungsstelle gegen den radikalen Islam?

Die ist in diesem Paket noch offen. Auf Bundesebene gibt es eine solche Stelle schon, wir werden sie mit Herbst in Niederösterreich einrichten.

„Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein. Arbeitsleistung muss immer bessergestellt sein als die Sozialleistung.“

Sind Sie enttäuscht, dass im Regierungsprogramm kein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam vorgesehen ist?

Aufgrund unserer Geschichte erachte ich es als sinnvoll, dass das Verbotsgesetz in Österreich auf die nationalsozialistische Wiederbetätigung abzielt. Wenn wir das jetzt mit dem Islamismus vermischen, kommt das einer Verharmlosung der Nazi-Gräuel gleich. Das heißt aber nicht, dass wir nicht trotzdem mit allen Mitteln gegen den radikalen Islam vorgehen müssen, nur eben mit anderen Instrumenten als mit einem Verbotsgesetz.

Der Fall von 9.000 Euro Sozialhilfe für eine syrische Großfamilie in Wien erhitzt aktuell die Gemüter. Das sind Summen, von denen können Arbeitnehmer nur träumen …

Ich kann den Unmut nachvollziehen. Für mich ist klar: Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein. Arbeitsleistung muss immer bessergestellt sein als die Sozialleistung. Deshalb sollte es hier wirklich zu einer bundesweit einheitlichen Regelung kommen, um solche Auswüchse zu unterbinden.

Die Höhe der Sozialhilfe variiert regional derzeit stark. Welche Summe würden Sie denn ansetzen?

Da sage ich ganz klar: Sicherlich keinen Cent mehr, als es bei uns in Niederösterreich gibt! Wir fahren mit unserem System sehr gut und werden es sicherlich nicht ändern.

In Niederösterreich ist die ausbezahlte Summe bei Kindern degressiv gestaltet – je mehr Nachwuchs es gibt, desto weniger gibt es obendrauf. Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker hingegen argumentiert, dass jedes Kind gleich viel wert sein müsse …

Ich denke, dass wir ein sehr gutes Modell haben, dass auch Pate stehen kann für ein bundeseinheitliches System. Wir können unsere solidarische Gesellschaft nur aufrechterhalten, wenn es sich für die Mehrheit auszahlt, arbeiten zu gehen – denn wenn die Sozialleistungen zu hoch sind, gibt es keine Anreize mehr, in den Arbeitsprozess zu gehen. Das ist unfair jenen gegenüber, die in der Früh aufstehen, hart arbeiten, Steuern zahlen und so unser Sozialsystem finanzieren.

„Trinkgeld ist im Heimatland der Gastfreundschaft die unmittelbarste Leistungshonorierung.“

Und wer sich weigert, seinen Beitrag zu leisten? Derzeit beziehen 48.000 Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte Sozialhilfe, obwohl sie in Österreich bereits arbeiten dürften.

Wir in Niederösterreich sind dahinter, dass nur jene Menschen zu uns kommen, die etwas beitragen wollen. Alle anderen sind nicht willkommen.

Sie haben kürzlich gefordert, das Trinkgeld abgabenfrei zu stellen. Die Gewerkschaft ist dagegen, fürchtet Lücken in der Pension. Halten Sie an Ihrem Vorstoß fest?

In der Gastronomie und Hotellerie gibt es einen Fachkräftemangel. Steuer- und abgabenfreies Trinkgeld ist hier ein guter Anreiz. Denn Trinkgeld ist im Heimatland der Gastfreundschaft die unmittelbarste Leistungshonorierung.

Zuletzt sind die Arbeitslosenzahlen stark gestiegen. Bereitet Ihnen diese Entwicklung Sorgen?

Wir kämpfen um jeden Job und um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe. Es ist wichtig, neue Branchen zu besetzen, damit neue gut bezahlte Jobs entstehen. In Niederösterreich haben wir uns zwei stark wachsende Bereiche vorgenommen – die Bahn- und die Weltraumindustrie. Wir haben ein Kompetenzzentrum mit der ESA geschaffen. Das zieht sehr viele Start-ups und Jungunternehmer an und schafft zukunftsträchtige Arbeitsplätze. Es ist wie ein Organismus: Gewisse Bereiche sterben ab, neue kommen hinzu. Wir investieren deshalb auch stark in Weiterbildung – lebenslanges Lernen ist der Schlüssel!

Die Wirtschaft stagniert, dafür ist der Tourismus in Niederösterreich stabil geblieben. Worauf führen Sie das zurück?

Der Tourismus ist in Niederösterreich eine tragende Säule, die jedes Jahr 2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Alleine im April sind unsere Nächtigungszahlen um 5 Prozent gestiegen. Wir decken von der Kulinarik über Kultur bis hin zur Natur eine große Bandbreite ab. Vor allem im Sommer setzen wir auf den Rad-Tourismus, sind Europas Rad-Eldorado mit tausenden Kilometern bester Radrouten. Jeder zweite Gast aus dem Ausland kommt zum Radfahren zu uns nach Niederösterreich!

Haben Sie diese selbst schon getestet?

Ich bin begeisterte Radfahrerin, sobald ich eine Stunde Zeit habe, nütze ich das Rad – gebe aber zu, dass es ein E-Bike ist, da ich auf einem Berg wohne.

Auf Bundesebene ist die erste Dreierkoalition demnächst 100 Tage im Amt. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Ich denke, dass Christian Stocker als Bundeskanzler der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Er leitet die Regierungsmannschaft mit großer Besonnenheit, Ruhe und Kompetenz.

Wie beurteilen Sie den Start inhaltlich?

Vom Stopp des Familiennachzugs, zu Anreizen für das Arbeiten in der Pension bis zu den steuerlich begünstigten Überstunden – es sind gute Ansätze vorhanden und ich hoffe, dass es flott weitergeht. Große Herausforderungen gibt es auf Bundesebene bei den Energiekosten. Diese gilt es auf ein niedrigeres Niveau zu bringen, damit unsere produzierenden Unternehmen international mithalten können.

Die Spitze der Bundesregierung wird auch bei der Landeshauptleute-Konferenz am Freitag vor Ort sein. Der Stabilitätspakt mit den Ländern soll neu verhandelt werden. Befürchten Sie ein hartes Spardiktat?

Es haben alle realisiert, dass auf allen Ebenen gespart werden muss – das beginnt beim Bund über die Länder bis hin zu den Gemeinden. Hier muss jeder seinen Beitrag leisten, so auch Niederösterreich. Wir sparen dort, wo es möglich ist und investieren dort, wo es notwendig ist, damit es auch wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch gut weitergeht.

Frau Landeshauptfrau, vielen Dank für das Gespräch.

{title && {title} } coi, {title && {title} } Akt. 05.06.2025, 11:43, 05.06.2025, 05:15