Die EU-Kommission hat den Weg für ein Defizitverfahren gegen Österreich geebnet. Das Land halte die europäischen Schuldenregeln in diesem Jahr nicht ein, teilte die Kommission am Mittwoch mit. Die EU-Finanzminister müssen diesem Schritt noch zustimmen – dies könnte bei einem Treffen am 8. Juli in Brüssel geschehen.
Österreich drohen damit im äußersten Fall hohe Geldstrafen. Bisher wurden solche Sanktionen allerdings nie verhängt. Finanzminister Markus Marterbauer sah dem Verfahren im Bundesrat vergangenen Woche gelassen entgegen. "Ich habe davor überhaupt keine Angst", stellte der SPÖ-Politiker klar.
Österreich macht in diesem Jahr laut Prognose der EU-Kommission neue Schulden in Höhe von 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und kommt auf eine Gesamtverschuldung von 84 Prozent des BIP. Die Maastricht-Kriterien der EU erlauben aber nur eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von maximal 60 Prozent.
Die EU hatte ihre Schuldenregeln erst kürzlich überarbeitet. Im vergangenen Jahr trat der neue Stabilitäts- und Wachstumspakt in Kraft. Mit der Reform soll die Lage der individuellen Staaten stärker berücksichtigt werden. Auch Ausgaben für die Verteidigung werden nun gezielt einbezogen. Der damalige deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) setzte zugleich verbindliche Ziele zum Schuldenabbau durch.
Derzeit laufen bereits Defizitverfahren gegen acht EU-Länder: Frankreich, Italien, Ungarn, Malta, Polen, Slowakei, Belgien und Rumänien. Wie die Kommission am Mittwoch erklärte, sind außer Belgien und Rumänien alle genannten Länder auf einem guten Weg, ihr Defizit unter die Höchstmarke von drei Prozent zu drücken.
Vernichtende Kritik an der Budgetpolitik der Regierung setzt es von der wirtschaftsliberalen Agenda Austria: "Dass die Europäische Union ein Defizitverfahren gegen Österreich einleitet, ist eine Peinlichkeit der Sonderklasse für die österreichische Bundesregierung. Es zeigt nämlich, dass man die Probleme lieber nach Brüssel schiebt, statt sie hier im Land zu lösen. Und das ist für ein reiches, wohlhabendes Land eine politische Bankrotterklärung", sagt deren Direktor Franz Schellhorn im "Heute"-Gespräch.
Deutschland taucht im aktuellen Budgetbericht der EU-Kommission nicht auf. Das liegt daran, dass bisher kein Haushalt für 2025 verabschiedet wurde. (Mit Material von AFP)