Die USA unterstützen die Ukraine offenbar schon seit Monaten mit geheimen Informationen bei Angriffen auf russische Energieanlagen mit großer Reichweite. Das berichtet die britische "Financial Times" und beruft sich dabei auf Beamte aus den USA und der Ukraine, die mit den Vorgängen vertraut sind.
Laut NTV haben Hinweise vom US-Geheimdienst Luftschläge auf zentrale russische Energieanlagen wie Ölraffinerien überhaupt erst ermöglicht. Erst am Samstag wurde eine Anlage in Ufa, 1.400 Kilometer von der Front entfernt, von ukrainischen Drohnen angegriffen. Das führte zu einem Brand auf dem Betriebsgelände.
Ein entscheidender Wendepunkt in der amerikanischen Haltung war laut dem Bericht der "Financial Times" ein Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Juli. In diesem Gespräch soll Trump Selenskyj gefragt haben, ob die Ukraine Moskau angreifen könne, falls Washington Waffen mit großer Reichweite liefere. Danach zeigte er Bereitschaft zu helfen, um den Russen "Schmerzen zuzufügen".
Offiziell blieben die USA aber weiterhin zurückhaltend, wie es schon Trumps Vorgänger Joe Biden gehandhabt hatte. Erst am 2. Oktober gab das Weiße Haus bekannt, dass man die Ukraine künftig mit Geheimdienstinformationen für Angriffe auf russische Infrastruktur unterstützen werde. Tatsächlich war das laut "Financial Times" aber schon seit Monaten Alltag.
Die US-Unterstützung ist laut den Beamten genau abgestimmt und verfolgt das Ziel, die russische Wirtschaft zu schwächen. Das zeigt auch Wirkung. Seit einigen Wochen gibt es immer mehr Berichte über erfolgreiche Drohnenangriffe der Ukraine auf russische Energieanlagen, vor allem Raffinerien. Die vielen gezielten Attacken zeigen mittlerweile auch eine spürbare Auswirkung auf die russische Kriegsmaschinerie.
"Zum ersten Mal seit langer Zeit können wir messbare Ergebnisse der ukrainischen Luftkampagne gegen Russland beobachten", sagte der österreichische Oberst und Militärexperte Markus Reisner Ende September. Experten schätzen, dass bis zu 25 Prozent der russischen Erdölproduktion ausgefallen sind. "Die Ukraine zielt erfolgreich auf Russlands Achillesferse: Die Deviseneinnahmen durch Erdölverkäufe ins Ausland sind das Schmiermittel der russischen Kriegsindustrie", so Reisner bei ntv.de. Für die russische Bevölkerung wird Benzin inzwischen knapp. An manchen Tankstellen gibt es bereits lange Schlangen.
Der US-Geheimdienst unterstützt den ukrainischen Generalstab bei wichtigen Details jedes Angriffs: Sie bestimmen mithilfe der US-Daten den besten Zeitpunkt, die Flughöhe, die Route und wie Langstrecken-Drohnen der russischen Luftabwehr ausweichen können. Außerdem liefert Washington Informationen zu Schwachstellen der anvisierten Ziele. Die Quellen der "Financial Times" bestätigen übereinstimmend, dass Washington bei allen Phasen der Planung eng eingebunden ist.
Schon länger stellen die USA der Ukraine geheime Daten zur Verfügung, um Angriffe auf Militärziele in den von Russland besetzten Gebieten zu koordinieren. Ebenso wird die Ukraine mit Satellitendaten vor bevorstehenden russischen Angriffen gewarnt.
Doch eine offene militärische Unterstützung für Angriffe auf Infrastruktur tief im russischen Staatsgebiet gab es bisher nicht. Das wäre ein klarer Unterschied zur ursprünglichen Haltung von Trump während seiner zweiten Amtszeit. Im Winter hatte der US-Präsident die wichtige Unterstützung durch Geheimdienstinformationen vorübergehend ganz eingestellt, um Selenskyj zu Gesprächen mit dem Kreml zu bewegen. Jetzt setzt er offenbar mehr Druck auf Russlands Präsident Wladimir Putin.
