Hitze, Dürre, Überschwemmungen – die Welt steht vor einem Wendepunkt und das Jahr 2024 sollte uns allen ein Weckruf sein, warnen die Österreichische Hagelversicherung ÖHV und Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber am Dienstag.
Die alarmierende Häufung extremer Wetterereignisse, von Dürren bis hin zu Überschwemmungen – aktuell in Spanien – unterstreichen die Dringlichkeit, dem menschengemachten Klimawandel entgegenzuwirken, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Erderhitzung bringe uns global, kontinental und national "immer näher an die Grenzen des zivilisatorischen Zusammenlebens". Verschärft werde das noch durch das hausgemachte Problem des rasanten Bodenverbrauchs.
„Österreich brennt und ertrinkt zugleich: Wir müssen endlich handeln!“Kurt WeinbergerÖHV-Vorstandsvorsitzender
ÖHV-Vorstandsvorsitzender Kurt Weinberger richtete im Rahmen des 14. Nachhaltigkeitsfrühstücks mahnende Worte an die rund 130 geladenen Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik: "Der Klimawandel ist kein hysterisches Gerede, sondern eine nachweisbare Realität. Wir verzeichnen Rekordwerte bei CO2, Hitzetagen und bei Extremwetter-Ereignissen. Österreich brennt und ertrinkt zugleich: Wir müssen endlich handeln!"
Die CO2-Konzentration erreichte 2023 mit 425 ppm einen historischen Höchststand, Wien verzeichnete mit 52 Hitzetagen einen neuen Rekord. In den 1980er Jahren waren es durchschnittlich noch 13 Hitzetage. Häufigere Extreme wie Dürre, Starkregenfälle und Überschwemmungen verdeutlichen die Dringlichkeit der Klimakrise.
Wenn Österreich weiterhin Boden in diesem Tempo verbaue, gefährde das die eigene Lebensmittelproduktion noch mehr. In den letzten 25 Jahren habe unsere Alpenrepublik rund 130.000 Hektar Acker- und Grünland verloren, was der gesamten Ackerfläche des Burgenlands entspricht. Um die noch vorhandenen wertvollen landwirtschaftlichen Flächen zu schützen, fordert Weinberger die Einleitung eines sofortigen Verbauungsstopps.
Der Bodenverbrauch gefährdet nicht nur die Biodiversität, sondern auch die heimische Lebensmittelversorgung. "Um Österreich als Agrarland zu bewahren und die Versorgungssicherheit zu stärken, sind dringende Maßnahmen – wie ein Stopp des Bodenverbrauchs – notwendig", appelliert Weinberger an die Stakeholder.
Hans Joachim Schellnhuber, der das Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg leitet, unterstreicht diesen Appell: "Das Klimasystem hat begonnen zu 'zappeln'. Die Temperaturrekorde der Jahre 2023 und 2024 und die damit verbundenen Naturkatastrophen müssen uns alle wachrütteln. Nicht der Klimaschutz ist die Gefahr, sondern unser zögerliches Handeln, das uns und unseren Kindern die Zukunft nimmt. Uns steht im wahrsten Sinn des Wortes das Wasser bis zum Hals. Das hängt auch ursächlich mit dem Bodenverbrauch zusammen."
„Die Natur kann ohne uns existieren, aber wir sind auf die Natur angewiesen.“Hans Joachim SchellnhuberIIASA-Generaldirektor
Schellnhuber stellte klar, dass die häufigeren und intensiveren Extremwetter-Ereignisse – von Dürren über Stürme bis zu Überschwemmungen – eindeutig auf den Klimawandel zurückzuführen seien. Ein verschärfender Faktor im Bezug auf Überschwemmungen sei Bodenversiegelung, insbesondere hier in Österreich.
"Täglich verbauen wir in Österreich ca. 12 Hektar Boden, das entspricht 16 Fußballfeldern", so der Klimatologe. Wertvoller CO2- und Wasserspeicher gehe dadurch verloren, was zu schwerwiegenderen Überschwemmungen führe, weil der vegetative, durchlässige Boden als natürlicher Puffer abhandenkomme. Was früher versickern konnte, überflute heute unsere Straßen, Schienen und Häuser. Auch das gehöre zu den "grob fahrlässigen Handlungen", die unsere Lebensgrundlage untergraben. "Die Natur kann ohne uns existieren, aber wir sind auf die Natur angewiesen", mahnt der renommierte Forscher.
„Es ist höchste Zeit, die Weichen neu zu stellen – bevor der Zug endgültig entgleist.“Kurt Weinberger, Hans Joachim SchellnhuberGemeinsamer Appell für die Zukunft
Beide unterstreichen, dass Boden- und Klimaschutz als Chance und nicht als Last verstanden werden müsse: "Die Zeichen sind deutlich und die Fakten unbestreitbar. Wirtschaftswachstum darf nicht auf Kosten der Natur gehen. [...] Es ist unsere Pflicht, den kommenden Generationen ein lebenswertes Österreich zu hinterlassen: ein 'Land der Äcker, zukunftsreich'", so Weinberger und Schellnhuber.
Und weiter: "Nur durch entschlossenes Handeln [...], können wir die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen sichern. Es ist höchste Zeit, die Weichen neu zu stellen – bevor der Zug endgültig entgleist."