Das "Lercherl von Hernals" – Spitzname der Hernalser Operettensängerin Betty Fischer (1887 bis 1969) – in allen Ehren, aber das kürzlich entdeckte "Krokodil von Hernals" hinterlässt einen gewaltigeren Eindruck.
Das zwei Meter lange Reptil lebte vor zwölf Millionen Jahren im Bereich des heutigen Postsportvereins Wien in der Roggendorfgasse – seine Knochen und Zähne wurden in den ehemaligen Tongruben von Hernals gefunden.
Das Gebiet des heutigen 17. Bezirks lag damals nahe der Küste eines riesigen, warmen Meeres. Zahlreiche Robben und Delphine tummelten sich in diesem fischreichen Flachmeer.
Alligatoren, eine Familie der Krokodile, lebten Millionen Jahre lang in Europa. Ihre Blütezeit endete vor rund 14 Millionen Jahren. Als Ursache vermutete man bisher eine globale Abkühlung – die zum Beispiel auch dafür sorgte, dass die Korallenriffe rund um das Leithagebirge abstarben.
Das nun gefundene Fossil stammt von einem kleinen Alligator der Gattung Diplocynodon. Die Tiere waren zwei Meter lang und lebten in den Sümpfen und Flusslandschaften im Hinterland des Meeres. Wie ihre modernen Verwandten erbeutete sie Fische, Vögel, Schildkröten und kleinere Säugetiere.
Der Hernalser Alligator ist das letzte bekannte Krokodil in Mitteleuropa. Erst vor rund sechs Millionen Jahren erreichten auch echte Krokodile aus Afrika kommend Süditalien. Sie konnten sich aber nicht weiter nach Norden ausbreiten und starben bald wieder aus.
Für das Verschwinden von Diplocynodon haben die Forscher nun eine neue Hypothese. Es dürfte weniger die Abkühlung gewesen, sein, die die Alligatoren vertrieb. Vielmehr dürfte eine Phase ungewöhnlicher Trockenheit vor etwa zwölf Millionen Jahren die Lebensräume der Alligatoren zerstört haben.