Für zwei Beamte war es ein ganz normaler Streifendienst vor dem Parlament in Wien – doch plötzlich wurde es brandgefährlich. Vor den positionierten Uniformierten tauchte im vergangenen April ein Mann auf und redete wie wild auf sie ein. Plötzlich griff der Slowake laut Staatsanwaltschaft nach der Glock 17 eines Beamten. Der konnte nur dank seiner Reflexe ein schreckliches Blutbad verhindern.
Wegen versuchten Mordes musste sich der Angreifer am Mittwoch vor dem Landesgericht für Strafsachen in Wien verantworten. Denn: Bei seiner Einvernahme gleich nach der Verhaftung hatte er behauptete, dass er den Polizisten habe töten wollen. Das Urteil für den versuchten Mord: zehn Jahre Haft – nicht rechtskräftig.
Im Gerichtssaal zeigte sich der Slowake (31) indes reumütig: "Es tut mir leid, ich wollte das alles nicht." Doch die Bilder der Überwachungskamera sprechen eine andere Sprache. Darauf ist zu sehen, wie der 31-Jährige zweimal nach der Pistole greift und danach noch mit den Fingern eine Pistole formt und auf die Beamten zielt.
Innere Stimmen hätten ihn zur Tat gebracht, behauptete der Mann. Er sei krank gewesen und wollte eigentlich Hilfe. Als er diese nicht bekam, habe er wohl überreagiert. Auf die Frage der Richterin, was er mit der Waffe vorgehabt hätte, antwortet der Angeklagte am Mittwoch vor Geschworenen nur kleinlaut: "Ich weiß es nicht. Vielleicht hätte ich mich selbst erschossen".
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"Wir wurden nicht schlau aus ihm. Es ist uns vorgekommen, als wüsste er nicht ganz, was er vor dem Parlament tut und möchte", schildern die Beamten zum Vorfall befragt. Der Angeklagte ist kein Unbekannter für die Justiz: Es liegen Vorstrafen wegen Diebstahls, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Drogendelikten vor.
Sein Verteidiger nennt ihn einen "armen Tropf". Er wäre nicht in der Lage gewesen, so einen Plan zu fassen, daher sei es kein Mordversuch, sondern nur eine versuchte Körperverletzung. "Der Angeklagte braucht kein Gefängnis, er braucht Hilfe", so sein Anwalt.
Doch ein psychiatrischer Gutachter sieht das anders: Zwar leide der Mann an Schizophrenie und einer Intelligenzminderung, höre Stimmen und sei durch Drogen beeinträchtigt – doch er habe wohl gezielt gehandelt. Er kommt zu dem Schluss: "Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte in absehbarer Zeit noch einmal etwas Ähnliches macht." Ein Urteil der Geschworenen stand noch aus. Die Unschuldsvermutung gilt.