Ganz Österreich ist in Schockstarre nach der Amoktat in einer Grazer Schule am Dienstagvormittag. Ein 21-jähriger Ex-Schüler stürmte mit zwei legal besessenen Waffen – einer Pistole und einer Schrotflinte – in zwei Klassenzimmer und schoss um sich.
Zehn Menschen starben bei dem Amoklauf, mehrere wurden verletzt. Laut "Heute"-Informationen wurden 28 Personen – darunter Schüler und Lehrer – verletzt. Die Polizei bestätigte inzwischen die Zahl der Todesopfer, die sich möglicherweise noch erhöhen könnte.
Der Amokschütze soll sich nach der Bluttat in einer Toilette eingeschlossen und sich dort selbst gerichtet haben.
Aber wie kommt es zu dazu? Was ist mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen passiert, dass sie eine solche Horrotat begehen? "Heute" erreichte Sigrun Roßmanith, eine der bekanntesten Gerichtspsychiaterinnen Österreichs, die seit mehr als 20 Jahren Straftäter analysiert, am Telefon.
Bist du von Gewalt betroffen? Hier findest du Hilfe
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Polizei-Notruf: 133
Über den mutmaßlichen Täter ist noch kaum etwas bekannt, daher könne sie nur allgemein sagen, welchen Hintergrund es bei jugendlichen Amoktätern häufig gebe. "Im Vorfeld sind oft Kränkungen passiert, es gibt Ärger, Wut, Frust", so Roßmanith. "Das kann sich dann in Gewaltfantasien kanalisieren, aus denen ein Täter sich Selbstbewusstsein aufbaut. Und irgendwann kommt es zur Realisierungsphase."
Der eigene Tod im Zuge des Amoklaufs gehöre vielfach zum "Plan".
Dass Schulen immer wieder Ort solch furchtbaren Geschehens sind, sei auch damit zu erklären, dass manche Jugendliche hier prägende Kränkungen erleben – Schulverweis, schlechte Beurteilung, Mobbing – so etwas könne sich, versteckt unter äußerer Coolness, tief ins Innere wühlen und irgendwann später explodieren, dann kehre der Täter in die Schule als den Ursprung seiner Kränkung zurück, erklärte Psychiater und Gerichtsgutachter Reinhard Haller im ORF.
Auffällig ist: Während der Evakuierung aus der Schule, im Moment höchster Gefahr, zücken viele Kinder ihre Handys, filmen, entsprechende Videos tauchen dann auf Social Media auf. Was geht da in den Köpfen vor? Bevor man sich rettet, noch schnell ein Video machen? Psychiaterin Roßmanith sieht darin nicht Sensationslust, sondern einen Schutzmechanismus: "In Momenten höchster Gefahr steht man dann wie neben sich, filmt mit dem Handy, als ob es eine normale Situation wäre..."