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Nach Afrika-Sager: Blatter nennt FIFA-Boss "weltfremd"

Gianni Infantinos Aussagen zu Afrikanern sorgten für viel Unmut. Der 51-Jährige fühlt sich falsch verstanden. Sein Vorgänger ist derweil stinksauer.

Heute Redaktion
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Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter kritisiert seinen Nachfolger Gianni Infantino. Seine Aussagen seien "weltfremd und ehrverletzend".
Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter kritisiert seinen Nachfolger Gianni Infantino. Seine Aussagen seien "weltfremd und ehrverletzend".
REUTERS

FIFA-Präsident Gianni Infantino hat nach seiner umstrittenen Aussage über afrikanische Flüchtlinge und Migranten den Versuch einer Einordnung unternommen. Dieser Teil seiner Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats am Mittwoch sei anscheinend "missinterpretiert" und "aus dem Kontext" gerissen worden, sagte der 51-jährige Infantino laut einer Mitteilung des Fußball-Weltverbands. Es sei ein "allgemeiner Kommentar" gewesen, der nicht im direkten Zusammenhang mit der Möglichkeit der Ausrichtung der Weltmeisterschaften im Zweijahresrhythmus stünde.

Ex-FIFA-Präsident Sepp Blatter kritisierte derweil Infantino für dessen Äußerungen harsch. Er begebe sich "offenbar gerne auf das politische Parkett, vergesse aber seine Kernaufgaben", sagte Blatter dem SID. Weiter bemerkt der 85-Jährige: "Infantino will die Welt retten, merkt aber nicht, dass seine Aussagen nicht nur ironisch, aber zynisch wirken, und sein Bezug zu Afrika weltfremd und ehrverletzend ist."

Keine Einschränkung auf Afrika

Während seiner Rede hatte Infantino zum Abschluss über die FIFA-Pläne referiert, den WM-Rhythmus von vier auf zwei Jahre zu verkürzen. Als er über die Vorteile sprach, sagte er auch: "Wir müssen den Afrikanern Hoffnung geben, dass sie nicht über das Mittelmeer kommen müssen, um hier vielleicht ein besseres Leben vorzufinden – aber wahrscheinlich den Tod im Meer. Wir müssen ihnen Möglichkeiten und Würde geben. Nicht indem wir wohltätig sind, sondern indem wir alle teilhaben lassen."

In seiner Stellungnahme dazu wollte er "klarstellen, dass meine allgemeine Botschaft in meiner Rede war, dass jeder in einer verantwortlichen Position die Verantwortung hat, zur Verbesserung der Situation für Menschen auf der ganzen Welt beizutragen". Das sei nicht auf den afrikanischen Kontinent beschränkt gewesen.

UEFA-Boss will keine WM alle zwei Jahre

Die Verkürzung des WM-Rhythmus ist ein großes Streitthema im Weltfußball. Die Europäische Fußball-Union und der südamerikanische Kontinentalverband Conmebol sind dagegen. Infantino hatte während seiner Rede am Mittwoch das Selbstverständnis der europäischen Verbände kritisiert und angemahnt, auf die Vorteile zu schauen, die ein kürzerer WM-Rhythmus nach seiner Ansicht für andere Teile der Welt mit sich bringe.

UEFA-Boss Aleksander Ceferin stellte unabhängig von den Aussagen über Afrika erneut klar, dass die WM alle zwei Jahre für ihn und seinen Verband keine Option darstelle. Der europäische Fußball stehe "fest" hinter einem solidarischen Modell, das auch vom Europarat unterstützt wird. Die jüngste Resolution lasse keinen Interpretationsspielraum zu.

"Sie enthält ein klares Nein zu egoistischen Superligen und ein klares Nein zu extravaganten WM-Vorschlägen, hingegen ein kategorisches Ja zur Zusammenarbeit im Hinblick auf den Schutz und die Stärkung unseres Modells, das im Interesse des europäischen Fußballs und der europäischen Gesellschaft ist", wurde Ceferin am Donnerstag zitiert.

"Hat Infantino das wirklich gesagt? Glaubt er echt daran?"

Am Mittwoch fielen die Reaktionen auf die Afrika-Aussage von Infantino vernichtend aus. Der «Spiegel» schrieb von einem "fragwürdigen PR-Vorstoß". Auf Twitter meinte ein Nutzer: "FIFA-Präsident Gianni Infantino nutzt die schreckliche Situation, in der sich die Flüchtlinge befinden, um seine Idee einer Weltmeisterschaft für zwei Jahre durchzusetzen – das ist alles, was man über diese Organisation wissen muss."

Auch Piers Edwards, Journalist für BBC Sport Africa, äußerte sich: "Hat Infantino das wirklich gesagt? Glaubt er echt daran?" Von der Journalistin Victoria Uwonkunda, einer früheren UN-Jungdelegierten, hieß es: "Was hat die Austragung der Weltmeisterschaft alle zwei Jahre mit Afrikanern und unseren Hoffnungen, Träumen und unserer Zukunft zu tun?" Und auch die Community war sich einig: Infantino schoss sich mit der Aussage ein Eigentor. Ob da nun seine Erklärung einen Tag später was nützt, ist fraglich.

Drei Tote statt 6500 tote Arbeiter

Der Schweizer hat bei seiner Rede auch WM-Gastgeber Katar vor der anhaltenden Kritik vor allem in Sachen Menschenrechte in Schutz genommen. "Ein Wandel erfolgt nicht schnell. In Europa dauerte es Jahrhunderte und Jahrzehnte. Dank der WM und dank des Schlaglichts hat sich das System in Rekordzeit in nur wenigen Jahren entwickelt", sagte Infantino und ergänzte: "Es muss noch viel getan werden, viel geändert werden. Wir müssen den Druck aufrechterhalten, aber auch anerkennen, dass es Änderungen gab."

Auch zu den Todesfällen bei den Bauarbeiten nahm der 51-Jährige Stellung. Es sei "nicht wahr", wenn von 6500 toten Arbeitern auf den WM-Baustellen berichtet würde, "es sind drei. Drei sind immer noch zu viel, aber zwischen drei und 6500 ist ein großer Unterschied." Die Arbeitsbedingungen seien vergleichbar mit denen in Europa.

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