Drei Rapper, eine Machete und ein geplatzter Auftritt vor Gericht. Am 19. August standen drei junge Musiker (17, 20 und 22 Jahre alt) am Wiener Landesgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schwereren Raub, Urkundenunterdrückung sowie die Entfremdung unbarer Zahlungsmittel vor. Laut Anklage haben sie im September 2024 einen Mann in Wien-Donaustadt überfallen, ihn mit einer Machete bedroht und ausgeraubt. Handy, Bargeld und Ausweise verschwanden. Doch das Opfer, das alles schildern sollte, erschien nicht zur Verhandlung.
Die Staatsanwältin malte ein Bild purer Gewalt. "Ihr wolltet ihm eine Abreibung verpassen", warf sie den drei Rappern vor. In der Anklageschrift heißt es, das Opfer sei an eine Mauer gedrängt, zu Boden geworfen und mit den Worten bedroht worden: "Ich bring dich um. Gib alles her, was du hast." Einer der Jungs habe dabei eine Machete gezückt, sie auf den Boden geschlagen, wieder aufgehoben und so seine Drohung unterstrichen. Danach sollen Tritte gegen Kopf und Brust gefolgt sein.
Alle drei Angeklagten sind Teil der Wiener Rap-Szene, bisher unbescholten. Zwei der Burschen sind ohne Job, während einer als Maurer arbeitet – und in seiner Freizeit über das harte Leben rappt. Vor Gericht inszenierten sie sich als Missverstandene. "Wir wollten ihm nur eine Abreibung verpassen", sagte ein Beschuldigter – für ihn angeblich ein Synonym für "reden" und nicht für Gewalt.
Einer betonte seinen vermeintlichen Drogenrausch in der Tatnacht. Er habe Benzodiazepine, Kokain, LSD, Ketamin und Cannabis konsumiert. "Bevor ich rausging, hab ich noch eine Line gezogen, damit ich’s überhaupt schaffe", schilderte er. Heute befinde er sich in einer Therapie und sei "nicht mehr so abhängig".
Die Verteidiger stellten das Bild der Staatsanwaltschaft auf den Kopf. Der 20-Jährige sei unschuldig, so sein Anwalt – die Sache sei "ganz anders gelaufen". Der Verteidiger des 17-jährigen Burschen räumte zwar Schläge ein, aber keinen Raubvorsatz: "Das Opfer hat Lügen über die Burschen verbreitet."
Der Anwalt des 22-Jährigen Beschuldigten Zaid Rauf hielt ein ausführliches Plädoyer. "Die gesamte Anklage stützt sich nur auf die Aussagen des Opfers. Reicht das, um drei junge Männer für Jahre einzusperren?" fragte er. Zudem seien die Aussagen widersprüchlich gewesen: Morddrohungen habe das Opfer erst bei einer zweiten Befragung ins Spiel gebracht.
Auch ein früherer Freund der Angeklagten, ein finnischer Staatsbürger im Rollstuhl, rückte ins Zentrum. Laut den Beschuldigten habe er das Treffen mit dem Opfer eingefädelt, weil Gerüchte kursierten. Das Opfer habe behauptet, er habe den Finnen die Treppe hinuntergestoßen – und deshalb sitze dieser heute im Rollstuhl. Außerdem soll er erzählt haben, die Rapper bereits verprügelt zu haben.
Der Zeuge selbst dementierte das klar. Von solchen Gerüchten habe er nie etwas erzählt. Auch dass die gestohlene Tasche nach dem Angriff bei ihm gelandet sei, wies er entschieden zurück. Wer das Diebsgut letztlich an sich nahm, blieb unklar.
Bei den getrennten Befragungen blieben die Angeklagten bei ihrer Linie: Es habe zwar eine Körperverletzung gegeben, aber keinen Raub. "Ich hab die Machete nur mitgenommen, weil es auch ein zwei Meter großer MMA-Kämpfer hätte sein können", rechtfertigte sich einer der Rapper. Man habe zuvor nicht einmal gewusst, wie das Opfer aussieht – deshalb habe man "für alles gerüstet sein" wollen. Die Waffe, so beteuerte er, sei nie eingesetzt worden.
Doch die Lücken waren auffällig. Einer konnte wegen seines Rausches nur bruchstückhaft aussagen. Ohne das Opfer im Gerichtssaal blieb die Beweislage dünn – und die zentrale Frage offen, ob es ein brutaler Raub oder lediglich eine verabredete "Abreibung" war.
Weil das Opfer trotz Ladung nicht vor Gericht erschien, musste die Verhandlung vertagt werden. Weiter geht es nun am 2. September am Landesgericht Wien. Für die drei Rapper bedeutet das zwar einen Aufschub, aber keine Entlastung – denn ob es sich um einen brutalen Raub oder lediglich um eine verabredete Auseinandersetzung handelte, ist weiterhin offen.
Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung gilt die Unschuldsvermutung.