Katarina L. (87) wurde am 25. November 1937 in Zagreb geboren. "Einige Jahre arbeitete meine Mutter dann in einem kroatischen Staatsbetrieb im Büro, mit etwa 27 Jahren zog sie nach Wien", berichtet ihre Tochter, Tatjana S. (60). Am 18. Jänner 1965 erhielt Katarina L. die österreichische Staatsbürgerschaft.
Vor einigen Monaten erfuhr Tatjana S. per Zufall, dass ihre gebrechliche Mutter, die nur mit Rollator unterwegs ist, in Österreich nicht mehr krankenversichert ist: "Sie hatte einen Termin bei einem Ohrenarzt. Dieser hat dann plötzlich zu ihr gemeint, dass sie nicht mehr versichert ist", meint die 60-Jährige.
Schuld an der "Entsicherung" ist eine kroatische Mini-Pension in der Höhe von rund 89 Euro: "Diese stammt aus der Zeit, als meine Mutter in Kroatien gearbeitet hat. In Wien hat sie sich dann ausschließlich um den Haushalt und mich gekümmert, hat nicht gearbeitet und hat daher auch keine Versicherungszeiten", berichtet Tatjana S.
Laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und der Pensionsversicherung (PV) ist für Katarina L. die kroatische Versicherung zuständig, da sie in Österreich keine Pension bezieht. "Nach den europarechtlichen Vorgaben ist immer nur ein Mitgliedsstaat für Leistungen bei Krankheit zuständig. Wenn eine Person in einem anderen Mitgliedstaat der EU versichert ist, mit dem es geltende Regelungen zur Abgeltung von Sachleistungen gibt, und diese ihren Lebensmittelpunkt (Wohnort) in Österreich hat, dann verrechnen wir die Sachleistungskosten mit dem zuständigen Krankenversicherungsträger im Ausland", heißt es seitens der ÖGK.
Voraussetzung dafür sei, dass der zuständige Krankenversicherungsträger im Ausland auf Antrag der Versicherten eine entsprechende Bescheinigung ausstelle, so ein ÖGK-Sprecher. Und genau hier liegt der Haken: Denn oft funktioniert diese Zusammenarbeit nicht.
Das weiß auch Rechtsanwältin Katrin Maringer, seit Ende Juli Erwachsenenvertreterin von Katarina L., aus mehrfacher Erfahrung. Die Juristin wurde beauftragt, weil Tatjana S. mit dem bürokratischen Hürdenlauf überfordert war: "Ich wurde zwischen den Behörden beider Länder aufgerieben. Ich wünsche das niemanden, diese Ungewissheit. Zum Glück wurde ihr bisher die ärztliche Hilfe nicht verweigert", meint die 60-Jährige.
Das Problem: Aufgrund der schleppenden Zusammenarbeit mit der kroatischen Versicherung stapeln sich bereits Krankenhaus- und Arztrechnungen: "Sie hatte eine Lungenentzündung und war fast einen Monat lang stationär in der Klinik Floridsdorf. Wir haben dafür eine Rechnung von 44.574 Euro erhalten", meint Tatjana S. Auch die Berufsrettung Wien hat für einen Krankentransport Ende August 835 Euro veranschlagt.
Für Juristin Maringer ist Katarina L. kein Einzelfall: "Es nicht der einzige Fall in meiner Kanzlei, bei dem es um Probleme mit ausländischen Krankenkassen geht. Ich habe aber auch einen Fall, wo jemand zwei Euro österreichische Pension bezieht und daher in Österreich versichert ist", so Maringer.
Eine Möglichkeit, bis die Causa mit der kroatischen Versicherung geklärt ist, wäre eine Selbstversicherung – dieses kostet 526,79 Euro pro Monat, kann aber aufgrund von sozialer Bedürftigkeit auf 230,37 Euro herabgesetzt werden: "Dass ich für meine Mutter die Selbstversicherung zahle, kommt nicht infrage. Da rennt der Hase ja ganz falsch. Das finde ich eine Frechheit, ich würd's schon aus Prinzip nicht tun", meint Tatjana S., die ihre Mutter finanziell unterstützt.
"Meine Mutter bezieht Mindestpension. Da sie in einem Seniorenheim untergebracht ist, hat sie nur 70 Euro Taschengeld im Monat zur Verfügung, der Rest geht an den Heimbetreiber. Ich gebe ich ihr immer wieder Geld, damit sie sich zum Beispiel am Abend etwas Gescheites zum Essen kaufen oder mit dem Taxi ins Spital fahren kann. Denn der Krankentransport steht Ihr als unversicherte Person nicht zu." Doch je mehr Zeit vergeht, umso schwieriger wird es: "Das ist doch nicht richtig so und stinkt zum Himmel", ärgert sich Tatjana S.