Ein Tsunami an Europas Küsten? Klingt wie Science-Fiction - ist laut Experten aber bittere Realität. "Wir wissen, dass es passieren wird", prophezeit das französische Tsunami-Warnzentrum CENALT. Die Frage sei nicht ob, sondern wann die Monsterwelle kommt.
Der Mittelmeerraum zählt laut CENALT zu den gefährlichsten Tsunami-Zonen Europas. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dort - und in den angrenzenden Meeren - rund 100 Tsunamis registriert, das sind zehn Prozent aller weltweiten Ereignisse in diesem Zeitraum.
Besonders gefährlich: die Averroes-Verwerfung zwischen Málaga und Nordafrika. Ein dortiges Beben könnte Wellen von bis zu sechs Metern auslösen - die spanische Küste würde in nur 21 Minuten getroffen werden.
Auch die UNESCO warnt: In den nächsten 30 Jahren wird mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit ein meterhoher Tsunami im Mittelmeer auftreten. Besonders gefährdet: Spanien, Frankreich und Italien - beliebte Urlaubsziele vieler Österreicher.
Historisch gab es verheerende Fälle, etwa 1755: Damals löste ein Beben der Stärke 8,5 bei Lissabon einen riesigen Tsunami aus, der Portugal, Spanien und Marokko verwüstete und sogar Cornwall und Irland erreichte. Tausende starben.
Auch kleinere Tsunamis können gefährlich sein. Schon 50 Zentimeter hohe Wellen können für Schwimmer tödlich sein, so die französischen Forscher. Deshalb wird Europas Küste lückenlos überwacht: Mehrere hundert seismische Stationen und Pegelmesser sind vernetzt - wird ein Tsunami erkannt, muss binnen 15 Minuten Alarm an die Behörden raus.
Seit 2004 betreibt Frankreich das CENALT - als Teil eines weltweiten Warnsystems nach dem Mega-Tsunami in Asien mit 250.000 Toten. Bisher gab das CENALT knapp 90 "Info-Warnungen" aus, zweimal wurde eine "echte" Tsunami-Alarmstufe ausgelöst.
Die Warnstufen reichen von Gelb bis Rot, je nach Stärke und Tiefe des Bebens. In Frankreich führen Städte wie Antibes und Cannes bereits Evakuierungsübungen durch. In Cannes rechnet man mit Wellen von ein bis zwei Metern, doch das Gefährliche ist oft nicht die Höhe, sondern die Strömung und die Überschwemmung, die nachrückt.
Die Gefahr ist real - und sie wird durch den Klimawandel noch verschärft. Zwar beeinflusst der Meeresspiegel nicht die Entstehung eines Tsunamis, aber sehr wohl dessen Auswirkungen an der Küste. Je höher das Meer, desto leichter werden Strände, Häfen und Straßen überschwemmt.
Fakt ist: Ob Spanien, Portugal, Südfrankreich oder Nordafrika - zahlreiche Urlaubsziele der Österreicher sind gefährdet. Und damit könnte ein Tsunami auch UNS betreffen.