Zensur bei Streamingdienst

"Woker Unsinn" – Amazon nimmt James Bond Pistolen weg

Der US-Streaminganbieter Amazon Prime hat dem berühmtesten Geheimagenten der Filmgeschichte seine Pistolen weggenommen – und schweigt zu den Gründen.
Nick Wolfinger
07.10.2025, 21:26
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Nur mit geballter Faust steht Pierce Brosnan auf Amazon Prime im Vorschaubild des James-Bond-Kultfilms "Golden Eye" (1995). Fehlt da nicht etwas? Genau: Seine Walther PPK, die ikonische Dienstwaffe des fiktiven britischen MI6-Agenten. Diese wurde beim Streamingdienst einfach wegretouchiert.

Herrenmodel oder Geheimagent?

Auch Roger Moore geht es nicht viel besser. Die "Bond"-Legende wirkt im Vorschaubild, wie es auf Amazon Prime angezeigt wurde, eher wie ein verwirrter TV-Show-Moderator, als ein Geheimagent. Mit locker vom Körper hängenden Armen im braunen Anzug wirkt er alles andere als bedrohlich. Dabei ist er im Original-Filmplakat von "James Bond 007 – Im Angesicht des Todes" (1985) eigentlich im "Bond"-typischen schwarzen Smoking samt Fliege – und einer Walther PPK zu sehen. Auch hier waren die Zensoren von Amazon Prime am Werk.

Selbst der erste James-Bond-Darsteller, Sean Connery, wurde nicht verschont. Im Titelbild zur "James Bond – 007 jagt Dr. No" (1962) wirkt er mit seinem charmanten Blick eher wie ein Modell aus einem Herrenmodemagazin, denn wie ein Geheimagent. Und Daniel Craig? Seine Bilder wurden einfach so abgeschnitten, dass die Pistole nicht mehr zu sehen ist.

Bond-Fans empört: "Woker Unsinn!"

Was ist hier los, fragten sich zahllose erstaunte "Bond"-Fans, als sie die Zensur bemerkten. Haben die USA plötzlich beschlossen, Schusswaffen aus Filmen zu verbannen – so wie die einst omnipräsenten Zigaretten in US-Filmen von den Leinwänden und Bildschirmen verschwanden? Viele empörte Fans werfen Amazon "woken Unsinn" vor, zitiert die deutsche "Bild" Online-Kommentare.

Bei Bond-Darsteller Daniel Craig ("Spectre", 2015) wurde das Bild einfach unten abgeschnitten, um die Pistole unsichtbar zu machen
Imago/Prime/"Heute"-Montage

Amazon schweigt zu den Vorwürfen

Eine Antwort darauf gibt es nicht. Der US-Streaminganbieter, der 2022 das traditionsreiche Filmstudio MGM, das alle bisherigen Bond-Filme produzierte, übernommen hatte, ging auf Tauchstation und ignoriert sämtliche Anfragen zu dem Thema. Stattdessen hat das Unternehmen die retrouchierten Bilder stillschweigend wieder offline genommen, nachdem in den sozialen Medien zahlreiche empörte Reaktionen auftauchten und Medien die Geschichte aufgriffen.

„Ehrlich, es ist so erbärmlich (...) Man könnte genauso gut die Wörter 'Gun', 'Die', 'Octopussy' und 'Kill' zensieren."“
Social-Media-Kommentarzitiert auf euronews.com

Gewaltzensur auch bei Youtube

Der Hintergrund dieses für Fans verstörenden Eingriffs in die Filmgeschichte bleibt also unklar, erinnert aber an tatsächlich existierende Anti-Gewalt-Richtlinien, wie sie etwa auf der Videoplattform Youtube existieren. Dort erhalten Videoersteller einen Teil der Werbeeinnahmen des Konzerns, abhängig von der Zahl der Zugriffe. Sind jedoch Gewaltdarstellungen zu sehen, fällt man um diese Einnahmen um.

Werbekunden gegen Gewalt

Das Ergebnis: Viele Kanäle zensieren bereits reine Abbildungen von Pistolen, selbst wenn diese nicht abgefeuert werden, um nicht um Einnahmen gebracht zu werden. Der Hintergrund ist dabei, dass viele Werbekunden nicht mit Gewalt und Waffen in Verbindung gebracht werden. Ein ähnliches Motiv könnte auch bei Streaminganbietern, die mit Werbeeinblendungen arbeiten, ein Argument sein. Dass das ganze aber so weit gehen könnte, Filminhalte nachträglich zu "beschönigen", wäre ein bedenkliches Zeichen.

Die Macht der US-Konzerne über die Bilder

Das Beispiel Youtube – und nun auch Amazon – ist für viele ein Warnsignal, welche Macht eine Hand voll Unternehmen darüber erlangt hat, was wir zu sehen bekommen (dürfen) und was nicht. Denn für die in den USA ansäßigen Unternehmen gelten US-amerikanische Gesetze und die ihnen zugrunde liegenden Moralvorstellungen, die durch die Marktdominanz der Firmen letztlich der ganzen Welt aufgezwungen werden.

Erinnerung an Zensur auf Instagram

Ein bekanntes Beispiel dafür ist auch das Soziale Medium Instagram, das wegen der prüden US-amerikanischen Moralverstellungen Benutzer gesperrt hat, weil diese mit Bildern, die Mütter beim Stillen von Babys zeigen, gegen Richtlinien zu "Nacktheit" verstoßen hätten. Nach einem weltweiten Aufschrei wurde diese "Nippel"-Richtlinie – denn deren Sichtbarkeit war der entscheidende Punkt – schließlich wieder zurückgenommen. Aber noch heute klagen Mütter immer wieder darüber, dass sie für öffentliches Stillen beschämt werden.

Fans machen sich über Zensur lustig

Was es dieses Mal mit der kuriosen Pistolen-Zensur im Land der Schusswaffen auf sich hatte, bleibt vorerst unklar. Für das Netz ist das ganze jedenfalls ein gefundenes Fressen. Viele User griffen die Zensur-"Idee" auf und setzten ihre eigenen Vorstellungen von einem "pazifistischen" James Bond bildlich um – und gaben Pierce Brosnan statt einer Pistole etwa ein herzhaft belegtes Baguette in die Hand.

{title && {title} } NW, {title && {title} } 07.10.2025, 21:26
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