Für einen regelrechten Justiz-Hammer sorgte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Freitag. Wie von "Heute" berichtet, hat die oberste juristische Instanz Österreichs nämlich bestätigt, dass Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen in vielen Fällen unzulässig sein können. Das hat der Oberste Gerichtshof bereits 2023 geurteilt. Die Auswirkungen könnten enorm sein. Denn: Sämtliche Mieterhöhungen der letzten 30 Jahre von Hunderttausenden Betroffenen könnten jetzt ungültig sein. Damit droht Vermietern ein wahres Fiasko! Im schlimmsten Fall müssen sie die Mieterhöhungen vieler Jahre an alle Mieter zurückzahlen.
Am Montag widmete sich auch das Ö1-Morgenjournal dieser brisanten Thematik. Im Gespräch mit dem ORF-Radio ordnet Martin Spitzer, Professor für Zivilrecht an der Universität Wien, das auch für viele Experten überraschende Urteil ein. Im Grunde geht es um folgendes: Wenn im Mietvertrag nicht dezidiert ausgeschlossen wird, dass es in den ersten zwei Monaten keine Mieterhöhung geben wird, dann ist die ganze Wertsicherungsklausel ungültig. "Das würde im Extremfall bedeuten, dass wenn ich vor 20 Jahren einen Mietvertrag abgeschlossen habe, sämtliche Anpassungen, die bisher gemacht worden sind, unwirksam sind, ich Mietzinse zurückfordern könnte und Anpassungen für die Zukunft nicht möglich sind", so der Experte.
Mit anderen Worten: Demzufolge sei fallweise der Mietzins von vor 20, 25 Jahren eingefroren. Das sei "volkswirtschaftlich enormer Brennstoff", so das Fazit des Juristen. Denn das habe auch enormen Einfluss auf den Wert von Immobilien selbst. "Niemand rechnet damit, dass er Leistungen am Markt beziehen kann und das zum Preis von vor 20 oder 30 Jahren".
Für Mieter und Konsumenten heißt das Erkenntnis nun, Verträge zu prüfen. In vielen Fällen sei eine Rückforderung möglich, sagt Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Obfrau des Verbraucherschutzvereins. Dieser hat bereits mit der Sammlung von Fällen begonnen. Vor allem Mieter großer gewerblicher Vermietungsunternehmen seien betroffen. Darunter fielen etwa auch Mieter der Stadt Wien.
Die Sorge in der Immobilienbranche ist freilich groß. Anton Holzapfel vom Verband der Immobilienwirtschaft, fordert im Gespräch mit Ö1 Klarheit. Die Regierung müsse das Gesetz umgehend reparieren. Das ist geplant, denn laut Regierungsprogramm soll eine Verjährung bei der Wertsicherungsklausel kommen. Dann könnte man Verträge nicht mehr beispielsweise 30 Jahre rückwirkend beeinspruchen, sondern etwa nur drei oder fünf Jahre.