Niederösterreich

Bordellkunde (63): "Ich wachte nackt auf, Geld war weg"

Der Chef und Sexarbeiterinnen der St. Pöltner Love Lounge sollen Kunden abgefüllt und dann abgezockt haben. Jetzt packte ein Bordellgast (63) aus.

10.05.2021, 14:01
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Der Freund (40), die Prostituierte und der Chef (33, r.) der Love Lounge
privat

Fortsetzung im Betrugs- und Erpressungs-Prozess in St. Pölten am gestrigen Montag: Diesmal sprach ein Kunde (63) über die mutmaßliche Abzocke in einem Bordell in St. Pölten.

"Wachte nackt in Zimmer auf"

Der 63-Jährige im Zeugenstand vor Gericht: "Ich wollte mich nur unterhalten dort, bestellte drei Flaschen Sekt und trank diese mit den Damen. Auf einmal war ich weg. Munter wurde ich nackt auf einem Bett, meine Klamotten waren übers ganze Zimmer verstreut und zwei Damen schlummerten neben mir. Aus meinem Geldbörsel fehlten rund 500 Euro und umgerechnet 300 Euro in Forint sowie 1.000 Euro wurde via meiner Karte behoben. Danach bekam ich auch noch eine Rechnung in der Höhe von 2.280 Euro."

    Der angeklagte Bordellbesitzer (links) und der mitangeklagte Kellner des Bordells
    privat

    Rückblick: Zwischen Ende 2018 und Mitte 2020 sollen der Betreiber (33) der "Love Lounge", ein Freund des Betreibers sowie Prostituierte zahlreiche Besucher der "Love Lounge" abgezockt haben. Die Opfer wurden laut Anklage schwer betrunken gemacht. Dann gab es noch auf Einladung den "Spezial-Haustrunk", ein hochprozentiges Gemisch aus Absinth.

    Beweisfotos nach Blackout

    Kippten die Opfer schließlich weg, setzten sich einige Rotlichtdamen neben den schlafenden Gast. Zahlreiche leere, teure Schampusflaschen wurden platziert und Fotos geschossen. Erwachte der Gast wieder aus seinem Dämmerzustand bekam er eine gesalzene Rechnung serviert - zwischen 6.000 und 22.000 Euro. Dem entsetzten Opfer wurden dann noch die "Beweisfotos" vorgelegt.

    Lehrer bedroht

    Einige Opfer bezahlten aus Scham oder schlechtem Gewissen. Wurde nicht sofort bezahlt, soll der Russe laut Anklage nachgeholfen haben. Ein Opfer wurde zu Hause besucht, einem Lehrer wurde laut Anklage angedroht, zwei Prostituierte würden die Schule, in der der Pädagoge beschäftigt ist, aufsuchen. Ein verunsicherter Handwerker musste sich sogar einen Kredit aufnehmen. Halfen alle Einschüchterungsversuche nichts, erstattet der Bordell-Inhaber schließlich Anzeige bei der Exekutive.

    Zu viele Anzeigen, zu hohe Rechnungen

    Nur: Im Dezember 2019 wurden die Ermittler misstrauisch, zu oft waren Bordellkunden von den gierigen Tätern angezeigt worden. Augenscheinlich: Die angeblichen Rechnungen waren dabei immer exorbitant hoch. Das Landeskriminalamt Niederösterreich nahm noch Ende 2019 die Ermittlungen auf, erhob genau und im Sommer 2020 wurde die Bordell-Bande hochgenommen. Zahlreiche Polizisten und die Cobra standen dabei im Einsatz, das Bordell wurde geschlossen - mehr dazu hier.

    "Gäste stehen auf harte Drinks"

    Beim Prozess im Jänner 2021 bekannte sich das angeklagte Trio (Chef, Komplize, 42-jährige Prostituierte) indes nicht schuldig. "Beim Geständnis bei der Polizei hatte ich getrunken und nichts geschlafen", so der in Moldawien geborene Angeklagte. Wie so hohe Rechnungen zustande gekommen waren, wollte der Richter wissen. "Eine Stunde mit einer Dame kostet 270 Euro. Und wenn man sich fünf Damen mit aufs Zimmer nimmt, dann sind wir schon auf über Tausend Euro. Und wenn ein Kunde einige Stunden im Zimmer schläft, wird das natürlich verrechnet.", so der 33-Jährige.

    Die meisten der Opfer sollen Stammgäste gewesen sein. Einige mutmaßliche Opfer reklamierten beim Chef ob der hohen Rechnung, sollen aber bereits zwei Wochen später wieder im Bordell gewesen sein und einen Schuldschein unterschrieben haben. Und der Spezial-Drink? "Viele Gäste stehen eben auf starke Drinks", so der 33-Jährige beim Prozess im Jänner - mehr dazu auch hier und hier.

    Prostituierte teilgeständig

    Am Montag widerlegten zwei Ermittler vor Gericht die Aussagen des 33-Jährigen: "Er wirkte bei der Einvernahme nicht beeinträchtigt." Eine weitere Angeklagte (Nummer vier) musste gestern ebenfalls vor Gericht, war indes recht wortkarg. Sie gab aber zu, einmal mit einer Kundenkarte Geld behoben und einmal eine überteuerte Rechnung vorgelegt zu haben.

    Ein wichtiger Belastungszeuge, ein misshandelter Kellner, erschien nicht beim Prozess. Der Kellner soll geschlagen und misshandelt worden sein. Daher wurde er Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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