Gesundheit

"Aufs Schlimmste vorbereiten" – Neue Corona-Explosion k

Nach den langen Wochenenden geht die Zahl der Corona-Neuinfektionen rasant nach oben. Ein Problem in den Augen von Corona-Experte Hans-Peter Hutter.

20.06.2022, 20:44
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Für den Epidemiologen Hans-Peter Hutter ist das Durchrauschen lassen der Sommerwelle ethisch nicht vertretbar.
apa/picturedesk ("Heute"-Montage)

Der Sommer hat offiziell noch nicht einmal begonnen und schon steigen die Corona-Zahlen wieder deutlich an. Vor fünf Tagen meldeten die Gesundheitsbehörden mit 7.393 neuen Fällen  sogar einen Höchstwert seit April. Zum Wochenstart lag diese Zahl mit 4.933 Neuinfektionen am Montag zwar noch deutlich darunter – doch bis Mittwoch rechnen die Corona-Experten  noch einmal mit einem deutlichen Anstieg.

So geht auch Molekularbiologe Ulrich Elling davon aus, dass die Fälle am Mittwoch deutlich über 10.000 steigen werden. "Und man muss bedenken, das ist nur die gemessene Welle", so Elling im "Heute"-Gespräch. Die tatsächlich Zahl deutlich höher, aber unbekannt, da viele auf die Tests verzichten würden.

Ethisch nicht vertretbar

Für Hans-Peter Hutter, Facharzt der MedUni Wien, sind sowohl die rasant steigenden Zahlen als auch die abnehmende Testbereitschaft keine große Überraschung. "Wenn man alle Maßnahmen  fallen lässt, kann sich das Virus ungehindert diffus in der Bevölkerung verbreiten." Die Gesellschaft habe sich dazu entschieden, dieses Risiko auf sich zu nehmen, so Hans-Peter Hutter gegenüber "Heute".

Allerdings habe es einen enormen Nachteil, das Virus einfach durchrauschen zu lassen: "Das bedeutet einerseits viele werden krank und das ist ethisch einfach nicht vertretbar und andererseits kann sich das Virus dadurch sehr stark verändern, was eine wesentliche Stellschraube für die Zukunft ist. Je mehr das Virus zirkuliert, je mehr sich anstecken, desto mehr Möglichkeit hat das Virus, sich zu verändern und zu mutieren." Damit wachse die Wahrscheinlichkeit für eine weitere hochinfektiöse Variante und weitere Wellen.

Der Epidemiologe stellt gegenüber "Heute" klar: "Das bestmögliche Szenario wird nicht eintreten, weil die Zahlen bereits jetzt steigen. Ich hoffe nicht, dass es soweit kommen wird, aber wir sollten uns auf das Schlimmste – das Worst-Case-Szenario – vorbereiten." Damit bezieht sich Hutter auf die vier möglichen Szenarien des Simulationsforschers Niki Popper. Demnach könnten in den nächsten Jahren weitere Varianten geben, die ähnlich infektiös und immunschutzumgehend sind wie Omikron, aber auch ähnlich virulent wie Delta  sind. Damit weiterhin regelmäßige Wellen, die zu sehr hohen Zahlen an Infektionen und in einigen Fällen auch hohen Hospitalisierungen  führen.

Nachhaltiger Schaden

Ausschlaggebend dafür sei jedoch nicht die Ignoranz des Einzelnen, sondern auch die Entscheidung der Regierung bei den Maßnahmen von einem Extremen ins andere zu pendeln. "Man sollte konstant etwas unternehmen und dabei ein gesundes Mittelmaß mit einfachen Einschränkungen finden." Dadurch könne jeder tun was er wolle, allerdings mit "ein paar begleitenden oder flankierenden Maßnahmen." Hier sieht Hutter vor allem die Maskenpflicht  und den Grünen Pass als ausschlaggebend.

Problematisch sehe er allerdings das Wirrwarr an Maßnahmen, "wenn man bis Wien ohne Maske im Zug fährt und in Meidling die Maske aufgesetzt werden muss." Das würde die Regeln in ein schräges Licht rücken und ins Lächerliche ziehen. "Sie werden dadurch immer weniger ernst genommen und das ist ein nachhaltiger Schaden."