Ärger mit Parkhaus-Betreiber

30 Parkstrafen für Frau – Krebskranker will zahlen

Christine Andres erhielt eine hohe Forderung vom Parkhausbetreiber APCOA und musste ihren Urlaub absagen. Jetzt möchte ihr ein Schwerkranker helfen.
Aram Ghadimi
15.04.2025, 05:15

Mindestens 30 Mal soll Christine Andres gegen die Nutzungsbedingungen eines Parkhausbetreibers verstoßen haben, weil sie mit ihrem Sohn, der eine Behinderung hat, am Bahnhof Wiener Neustadt Züge beobachtet hat.

Liebevoller Abschied

"Bevor Gerhard zur Tagesstätte in Bad Erlauf zurückmuss, halten wir beim Bahnhof in Wiener Neustadt, holen eine Wurstsemmel und setzen uns auf den Bahnsteig. Dann schauen wir den Zügen nach", erzählt Christine Andres gegenüber "Heute". Seit 15 Jahren jeden Sonntag das gleiche Abschiedsritual. Kurze Momente ohne viele Worte.

Der Fall der 61-Jährigen aus Niederösterreich sorgte letzte Woche für große Aufregung: Zwar hat die APCOA GmbH klar ausgeschildert, dass nur ein gültiges Bahnticket zum Parken in dem betreffenden Parkhaus berechtigt. Gleichzeitig berechtigt aber der Behindertenausweis zum kostenlosen Parken auf Behindertenparkplätzen in ganz Niederösterreich.

Nach Monaten hohe Forderung

Acht Monate nach der ersten registrierten Ausfahrt am 21. Juli 2024 forderte die APCOA zunächst 85 Euro. Andres fragte nach dem Grund und erhielt zur Antwort, dass sie bei 29 Parkvorgängen die Nutzungsbedingungen missachtet hätte: "Das ergibt eine Pönale von 1.400 Euro", heißt es in dem Brief. Der erste Parkvorgang, für den sie bereits eine Zahlungsaufforderung bekommen habe, käme noch hinzu – zusammengerechnet eine Forderung von 1.485 Euro.

"In Kulanz verrechnen wir zu der Zahlungsaufforderung von EUR 85,- für die weiteren Parkvorgänge eine Pönal-Bearbeitungspauschale von EUR 150,-", schrieb die APCOA.

"Wenn ich Gerhard sage, da fahren wir nicht mehr hin, wäre er über Monate hinweg wahnsinnig traurig", sagt Andres und fügt noch erklärend an, dass es für ihren Sohn sehr schwer sei, sich kognitiv auf neue Situationen einzustellen: "Er braucht seine fixen Abläufe, dann geht es ihm gut."

Andres, die ein geringes Einkommen hat, sagt ihren geplanten Urlaub ab und zahlte die 235 Euro, da ihr nächstes Schreiben an die APCOA unbeantwortet blieb.

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Schwerkranker Pensionist will helfen

Überraschend wandte sich "Heute"-Leser Peter D. aus Oberösterreich an uns: "Ich will Frau Andres 250 Euro überweisen, damit sie, wie geplant, ihren Urlaub machen kann. Und zusätzlich muss mindestens ein Eis für sie und ihren Sohn drinnen sein." Das sagt ein Schwerkranker.

"Mir geht es eigentlich ganz gut. Ich bin ein Glückskind", sagt D. der zum zweiten Mal Krebs diagnostiziert bekommen hat. Metastasen in der Niere, der Leber und den Knochen – so lautet die Diagnose des 73-Jährigen. Schon 2017 sei er wegen Darmkrebs 14 Wochen im Krankenhaus gelegen, Schlaganfall inklusive.

Als D. 2017, nach Wochen im Spital, wieder nachhause konnte, beantrage er einen Behindertenausweis: "Ich habe einen Seitenausgang", erzählt der ehemalige Unternehmer, der bis 2015 eine Installationsfirma betrieb. "Wenn ich merke, dass das Sackerl voll wird, muss ich es schnell entleeren." Für die Behörde sei das aber kein Grund gewesen, ihm einen Behindertenausweis auszustellen.

Selbst sieben Jahre gekämpft

"Sieben Jahre habe ich darum gekämpft, bis im Frühjahr 2024 wieder Krebs diagnostiziert worden war", erzählt D. und blickt dabei aufs Wasser. Der kleine Teich gehört zu seiner Landwirtschaft – ein Traum, den er sich vor seiner Pension erfüllt hat. Rund fünf Hektar, mit Wald, zehn Kilometer von Linz entfernt, gehören ihm. Zusammen mit seiner Schwiegermutter bewohnt D. einen alten Bauernhof mit 450 Quadratmetern Wohnfläche.

"Ich habe genug" und "der Frau möchte ich etwas geben", sagt sich der Mittsiebziger, bevor er zum Hörer greift: "Sind Sie die Dame mit dem behinderten Kind?", spricht D. auf die Mailbox von Christine Andres, als er sie nicht gleich erreichen kann. Dann geht D., wie immer, seinen Arbeiten nach: "Ich arbeite im Wald, das ist meine Therapie."

Jetzt doch mit Fahrkarte

"Es hat mich sehr gefreut, dass sich so viele Leute gemeldet haben", erzählt Christine Andres gegenüber "Heute". Auch aus dem Büro des Bürgermeisters in Wiener Neustadt kam ein Anruf. Der Geschäftsführer der Kulturagenden der Stadt, Nikolaus Dopler, versprach sich für Andres und ihren Sohn bei ÖBB und APCOA einzusetzen. Eine Frau aus Mödling, der es genauso ergangen war, habe ihr den Tipp gegeben, die günstigste Fahrkarte um 1,30 Euro zu kaufen.

Bald wird ein Brief, mit den Kontodaten von Andres, Peter D. auf seinem Hof im Umland von Linz erreichen. Nachdem einige SMS zwischen ihnen hin und her gegangen waren, habe sie mit D. fast eine Stunde lang telefoniert und sich schließlich überzeugen lassen, die finanzielle Unterstützung anzunehmen.

"Er hat uns sogar angeboten, dass wir bei ihm Urlaub machen können", sagt Christine Andres, mit ein wenig Rührung in der Stimme. "Jetzt kaufe ich immer eine Fahrkarte um 1,30 Euro und lege sie ins Handschuhfach, wenn ich meinen Sohn am Sonntag zurückbringen muss."

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 15.04.2025, 15:06, 15.04.2025, 05:15
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