Tierschützer schlagen Alarm

"350.000 Tiere getötet" – Alles für den Botox-Trend

Hoch im Trend liegen mittlerweile schnelle "Lunchtime-Behandlungen" mit dem Antifaltengift Botox. Dafür müssen jährlich hunderttausende Tiere sterben.
Aram Ghadimi
29.04.2025, 05:15

"Immer jüngere Leute lassen sich heutzutage Botox spritzen – fast so selbstverständlich wie früher ein Besuch im Kosmetikstudio. Die wenigsten wissen, dass dafür Tiere qualvoll sterben", sagt Leona Fux, Biologin und Expertin für Tierversuchsfragen bei Tierschutz Austria.

Tierleid minutiös geschildert

Am 24. April, dem internationalen Tag gegen Tierversuche, veröffentlichte Tierschutz Austria einen umfassenden Botox-Report. Auf 30 Seiten schildert die Organisation mit Sitz in Vösendorf bei Wien, warum in Europa immer noch jährlich hunderttausende Tiere für Behandlungen mit dem Bakteriengift Botulinumtoxin sterben müssen.

„Täglich kommen 20 bis 30 Patienten für eine Botox-Behandlung zu mir.“
Artur WorsegÄsthetischer Chirurg

"Mäusen wird das Nervengift in den Bauchraum gespritzt, um die Konzentration zu ermitteln, bei der 50 Prozent von ihnen an Atemlähmung stirbt", erklärt Fux.

Bei diesen sogenannten LD50-Tests, zur statistischen Einschätzung der Wirkung des Gifts, werden aber auch die überlebenden Tiere am Ende der Versuchsreihen getötet. Sie sind Ausschussware: Einmal angestochen, sind sie für weitere Versuche nicht mehr brauchbar.

Tägliche Botox-Behandlungen

Die typischen Botox-Patienten seien mittleren Alters, um die 40 Jahre alt, mit beginnenden Falten, sagt Artur Worseg. Er gilt als einer der renommiertesten ästhetischen Chirurgen Österreichs. Gegenüber "Heute" bestätigt er diesen gegenwärtig wachsenden Trend und auch die ethischen Probleme, die damit einhergehen.

"Bei nicht-chirurgischen Schönheitseingriffen ist Botox mittlerweile eine der häufigsten Behandlungen", sagt Worseg: "Täglich kommen etwa 20 bis 30 Personen in meine Ordination, um sich das Bakterientoxin spritzen zu lassen. Das sind mindestens 20 Prozent meiner Patienten", so Worseg.

Die Behandlungen gehen so schnell, dass mittlerweile von "Lunchtime-Behandlungen" gesprochen wird, weil sie sich an Arbeitstagen in eine Mittagspause pressen lassen. Auch sogenannte Botox-Partys sind keine Seltenheit mehr. Das Toxin wird dort wie ein Feierabendbier konsumiert.

Viele seiner Patienten würden sich dadurch ein Hinauszögern ihrer Falten versprechen: "Sinn hat das aber nur bei beginnenden Falten. Wenn sich Falten einmal eingegraben haben, hilft Botox auch nicht mehr", ergänzt Worseg.

Bis zu 350.000 Mäuse jährlich

"Wir gehen davon aus, dass jährlich noch immer 100.000 bis 350.000 Mäuse in der EU für Botox-Tests getötet werden", heißt von Seiten der Tierschützer. Eine ganz genaue Zahl liege nicht vor, da die Daten rund um die Tierversuche mit Botulinumtoxin in der EU nicht öffentlich zugänglich sind.

Schon 2015 schätzte eine Studie, dass in der EU mindestens 350.000 Mäuse jedes Jahr den Botox-Versuchen zum Opfer fallen. Seitdem sei die Nachfrage nach Botox gewachsen, sagt Tierschutz Austria:

"Großbritannien hat die EU verlassen und die Meldesysteme in den Mitgliedsstaaten wurden geändert." Gleichzeitig seien aber auch tierversuchsfreie Methoden weiterentwickelt worden. Zu einem Ende der Tiertötungen hat das aber nicht geführt.

Jedes Jahr gibt es weltweit über 80 Millionen Eingriffe mit Botox. Tendenz steigend.
Tierschutz Austria

Arzneimittel "Botox"

"Obwohl Tierversuche für kosmetische Produkte in der EU verboten sind, gelten Botulinumtoxin-Präparate rechtlich als Arzneimittel. Der Grund: Sie werden injiziert, statt äußerlich aufgetragen. Dadurch sind Tierversuche erlaubt – selbst dann, wenn die Anwendung ausschließlich der Faltenglättung dient", kritisiert Tierschutz Austria.

"Das kann man nicht schönreden", sagt Artur Worseg dazu und erklärt, dass bei der Herstellung jeder neuen Charge Tiere getötet werden: "Das liegt an den gesetzlichen Sicherheitsvorgaben in der Pharmaindustrie. Leider machen das noch immer fast alle Unternehmen so."

Trotz Alternativen kein Verbot

"Wo bleibt das gesetzliche Verbot?", fragt die Tierschutz-Organisation angesichts bereits möglicher tierversuchsfreier Alternativen. Denn: Zellbasierte Tests, sogenannte Organ-on-a-Chip-Technologien oder computergestützte Simulationen stünden schon längst zur Verfügung.

Und: "Sie gelten als zuverlässig, effizient und ethisch vertretbar", heißt es von Tierschutz Austria: "Dennoch fehlt bisher eine gesetzliche Verpflichtung zu ihrem Einsatz." Darüber hinaus seien die Zulassungsverfahren für solche Methoden langwierig und uneinheitlich geregelt.

Laut Artur Worseg gäbe es schon ein Unternehmen, dass gänzlich mit Tierversuchen aufgehört hat. "Auch uns hier in der Ordination interessiert das. Wir haben immer wieder darüber diskutiert", sagt der Schönheitschirurg und ist sich sicher, dass die Tötung von Tieren mittelfristig nicht mehr notwendig sein wird, da das auch im Interesse der betreffenden Unternehmen sei.

Dazu sagt die Tierversuchsfragen-Expertin Leona Fux: "Wir brauchen ein verbindliches Verbot des LD50-Tests, die verpflichtende Anerkennung tierversuchsfreier Verfahren und volle Transparenz bei allen Tierversuchen."

Petition "Keine Tierversuche für Botox"!

Tierschutz Austria appelliert an alle, die es empört, dass Tiere für den Botox-Trend sterben müssen, die laufende Petition "Keine Tierversuche für Botox" zu unterstützen:

"Dieses unnötige Tierleid im Namen der Schönheit muss endlich ein Ende haben", fordert die Organisation.

Am gestrigen Montag hatten schon 2.800 Personen unterschrieben – das entspricht 85 Prozent des angestrebten Ziels von 3.400 Unterschriften.

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 29.04.2025, 10:15, 29.04.2025, 05:15