Bürokratie und Pannen

84-Jähriger muss seit 14 Monaten ohne Strom leben

Ein unglaublicher Fall: Ein 84-jähriger Wiener wartet seit über einem Jahr vergeblich auf Strom – kürzlich gab es den nächsten Rückschlag.
Hannah  Maier
20.11.2025, 05:30
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Zu Besuch bei Martin K. im 9. Bezirk: Ein Griff zum Lichtschalter bleibt ohne Wirkung, die Wohnung liegt im Dunkeln. "Das ist normal", sagt der 84-Jährige ruhig. Vor mehr als einem Jahr wurde ihm der Strom abgestellt – seitdem geht hier kein Licht mehr auf. Wenn der Wiener eines hat, dann Kampfgeist. "Ich habe mich mittlerweile darauf eingestellt", sagt Martin.

Seit 1974 wohnt er in der Hörlgasse 7 – ausziehen kommt für ihn nicht infrage. Gleich ums Eck betreibt der Büchsenmachermeister sein Geschäft. Mit praktischen Lösungen hält er sich über Wasser: "Kochen und Duschen geht dank der Gasheizung. Ich habe mittlerweile einen großen Vorrat an Taschenlampen und Batterien", erzählt er. Fernschauen oder elektronische Geräte aufladen kann er nicht. Ab und zu übernachtet Martin bei einer Bekannten in Niederösterreich.

14 Monate ohne Strom

Eine Verkettung kurioser Ereignisse führte dazu, dass Martin seit 14 Monaten ohne Strom leben muss. Im Sommer 2024 erfolgte die Abschaltung. Laut Auskunft der Wiener Netze war für die Adresse ein "vertragsloser Zustand" gemeldet. Zudem wurden bei Bauarbeiten im Haus alle Zähler entfernt. Die Mieter hätten sich um neue Verträge kümmern müssen. Martin beteuerte stets, dass er seinen Vertrag rechtzeitig verlängert hätte.

Ein Haus mit vielen Problemen

Um den Fall besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Geschichte des Hauses: Das Gründerzeithaus von 1886 am Alsergrund ist mittlerweile ein Symbol für missglückte Investitionspläne. 2016 kaufte die LNR Real Estate GmbH des umstrittenen Immobilienunternehmers Lukas Neugebauer das Gebäude. Geplant war ein spektakulärer Umbau mit Luxus-Penthousewohnungen.

Doch während der Bauarbeiten wurde das Gebäude so stark beschädigt, dass es für die restlichen Mieter kaum bewohnbar blieb. Weil Kamine beschädigt wurden, gab es im Jahr 2023 sogar ein halbes Jahr Heizsperre. Kürzlich wurden einigen Bewohnern – darunter auch Martin – wieder das Gas abgestellt – "Heute" berichtete. Aufgrund eines Konkursverfahrens gegen den Immobilienentwickler wurden 2024 alle Arbeiten eingestellt, die Baustelle wurde behördlich gesperrt. Das Haus wird durch einen Masseverwalter vertreten.

Zu früh gefreut

Zurück zu Martin: Damit er wieder Strom erhält, muss zunächst ein Energievertrag abgeschlossen und anschließend ein Zähler montiert werden. Zuvor ist jedoch ein Elektriker nötig, der die Anlage vorbereitet – eine Aufgabe, mit der der Wiener überfordert war. Unterstützung bekam er schließlich von der Hausverwaltung und mittlerweile liegt auch ein neuer Stromliefervertrag vor.

Am vergangenen Freitag hätte es in Martins Wohnung endlich wieder hell werden sollen. Doch die Freude währte nur kurz: Die Mitarbeiter der Wiener Netze kamen gar nicht bis zum Zählerkasten, weil die Kellertür versperrt war. Ohne Zugang konnten sie den Stromzähler nicht montieren und mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Lösung endlich in Sicht?

Die Wiener Netze bestätigen den Vorfall auf "Heute"-Anfrage. Bei der betroffenen Tür habe es sich nicht um eine Standardtür gehandelt, die mit dem üblichen Zentralschlüssel zu öffnen sei. Der passende Schlüssel werde nun organisiert, ein neuer Termin ist für Dezember vereinbart. Wenn diesmal alles reibungslos verläuft, kann Martin Weihnachten zumindest wieder mit einem beleuchteten Christbaum feiern.

{title && {title} } HTM, {title && {title} } 20.11.2025, 05:30
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