Mit 84 Jahren steht Martin K. noch jeden Tag in seinem kleinen Geschäft in der Kolingasse in Wien-Alsergrund, zwischen alten Gewehren, ausgestopften Vögeln und Sammlerstücken. Was viele Kunden nicht wissen: In seiner Wohnung herrscht seit über einem Jahr Dunkelheit. Kein Strom, keine funktionierenden Geräte – dafür Kerzenlicht am Abend, berichtet der "Falter".
Verkettung unglücklicher Umstände und Bürokratie
"Ich habe immer alle Rechnungen bezahlt", beteuert der Büchsenmacher, der das Familienunternehmen bereits 1960 übernommen hat. Doch seit August 2024 ist seine Wohnung in der Hörlgasse stromlos – die Wiener Netze haben im Oktober 2024 den Zähler abmontiert. Der Grund? Eine Verkettung unglücklicher Umstände und jede Menge Bürokratie.
Laut Wiener Netze lag im August kein gültiger Stromliefervertrag vor – gesetzlich ein Grund für die Abschaltung. Die Hausverwaltung verweist auf Bauarbeiten, bei denen alle Zähler entfernt wurden – die Mieter hätten sich selbst um neue Verträge kümmern müssen. Herr K. ist überzeugt, er habe rechtzeitig verlängert. Noch verzwickter wurde es, als seine Anlage laut Wiener Netze erneut aktiviert wurde – offenbar von Dritten.
"Die haben herumgetanzt und gefeiert, dass der Mörtel abgebröckelt ist", erinnert sich der Wiener im "Falter"-Bericht an polnische Bauarbeiter, die Strom aus seinem Verteilerkasten angezapft haben sollen. Ein Nachbar bestätigt den Vorfall. Danach war endgültig Schluss – der Zähler kam weg.
Erst jetzt, ein Jahr später, tut sich etwas: Die neue Verwalterfirma während des laufenden Konkursverfahrens, unterstützt den stromlosen Mieter. "Wir setzen alles daran, dass Hr. K. so schnell wie möglich wieder Strom hat", heißt es vom Unternehmen gegenüber dem "Falter". Ein Elektriker ist dran, die Genehmigung der Wiener Netze liegt vor.
Was jetzt noch fehlt? Ein neuer Stromvertrag – und ein Anruf beim Kundenservice für den Montagetermin. Dann könnte es endlich wieder hell werden in der Hörlgasse 7. Bis dahin bleibt Martin K. bei Kerzenschein – und mit stoischer Ruhe.