Bei der Urteilsverkündung in Tirana sprang der Elvis Sh. (30) plötzlich auf und eröffnete das Feuer. Drei Kugeln trafen Richter Astrit Kalaja direkt in die Brust. Auf dem Weg ins Spital erlag er seinen schweren Verletzungen.
Auch zwei weitere Prozessbeteiligte wurden von Kugeln getroffen: Der 65-jährige Rakip Kurtaj und sein Sohn Ervis (45) erlitten Schusswunden, befinden sich aber außer Lebensgefahr.
Der verhängnisvolle Streit hatte laut "Balkanweb" seine Wurzeln im Jahr 1992. Damals wurden auf Anordnung der Stadt Shkodra, nahe der Grenze zu Montenegro, 31 Familien in einem ehemaligen Schulgebäude des Baureservats untergebracht.
Familie Sh. akzeptierte den Entscheid nicht und zog vor Gericht. Sie behauptet bis heute, das Grundstück stehe nach wie vor im Staatsbesitz und die Eigentumsdokumente seien gefälscht.
Richter Kalaja wollte am Montag den jahrzehntelangen Konflikt endgültig beenden: Er sprach den 31 Familien das Recht zu, das Gebäude zu bewohnen. Als Elvis Sh. realisierte, dass seine Familie den Prozess verlieren würde, zog er eine Waffe und schoss. Er wurde unmittelbar nach der Tat festgenommen. Ebenso wurden der Onkel des Schützen und der Sicherheitsbeamte des Gerichts in Gewahrsam genommen.
Der Vorfall löste in Albanien Entsetzen aus. Ministerpräsident Edi Rama sprach von einem "tragischen" Ereignis und forderte strengere Strafen für den illegalen Besitz und Einsatz von Schusswaffen. Präsident Bajram Begaj bezeichnete den Angriff als "eine abscheuliche Attacke auf das gesamte Justizsystem des Landes".
Richter Kalaja war mehr als 30 Jahre lang als Anwalt tätig. Er arbeitete zunächst an einem Bezirksgericht, bevor er 2019 an das Berufungsgericht in Tirana berufen wurde.