Medien mussten schweigen

Briten flogen heimlich Tausende Afghanen ein

Großbritannien brachte Tausende Afghanen heimlich ins Land, aus Sorge, die Taliban könnten sie verfolgen. Die Medien durften darüber nicht berichten.
15.07.2025, 15:53
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Tausende Afghanen, die vor der erneuten Machtübernahme der Taliban für das britische Militär gearbeitet hatten, sind im Rahmen eines bis vor Kurzem geheim gehaltenen Umsiedlungsprogramms nach Großbritannien gebracht worden.

Das machte die Regierung in London am Dienstag öffentlich – nachdem ein Gericht eine sogenannte "Superinjunction" aufgehoben hatte, die es Medien untersagte, überhaupt über die Existenz des Programms zu berichten. Auf Antrag der Regierung hatte das Gericht eine Nachrichtensperre verhängt, deren Missachtung mit Gefängnisstrafen geahndet werden konnte.

Hintergrund: Datenleck gefährdete Tausende

Das Umsiedlungsprogramm war ins Leben gerufen worden, nachdem das britische Verteidigungsministerium 2022 versehentlich eine Datenbank mit persönlichen Informationen von knapp 19.000 Afghaninnen und Afghanen veröffentlicht hatte – darunter vielen, die für die britischen Streitkräfte gearbeitet hatten.

Teile dieser Datenbank wurden später im Internet publiziert. Das schürte Befürchtungen, diese Personen könnten von den Taliban als "Verräter" ins Visier genommen werden. Doch Kritiker vermuten auch politische Motive hinter der Geheimhaltung.

In einem Klima zunehmender Migrationskritik und wachsender Unterstützung für rechtspopulistische Parteien wie Reform UK hätte die Offenlegung eines milliardenteuren Umsiedlungsprogramms den innenpolitischen Druck auf Labour und zuvor auch die Tories massiv verschärft, so die Annahme. Der Regierung wird daher vorgeworfen, die Debatte gezielt unterdrückt zu haben – auch, um Wählerverluste zu vermeiden.

Codename "Operation Rubicon"

Wie die "Daily Mail" aufdeckte, lief das Programm unter dem Codenamen "Operation Rubicon" und wurde über Monate hinweg unter größter Geheimhaltung betrieben. Die Zeitung berichtet weiter, dass Regierungsmitglieder das Programm bereits im Oktober 2024 genehmigten, mit einem geschätzten Kostenvolumen von bis zu sieben Milliarden Pfund (rund 7,5 Milliarden Franken).

Geheime Gerichtsverhandlungen, an denen auch "Daily Mail"-Journalisten unter Auflagen teilnehmen konnten, brachten nun weitere Details ans Licht: Demnach wurden die Betroffenen mit Charterflügen aus Pakistan nach Großbritannien gebracht. Dort wurden sie zunächst in Militärunterkünften oder Hotels untergebracht. Zehntausende andere Betroffene sollen jedoch weiterhin in Afghanistan ausharren müssen.

Kritik an Vertuschung und Milliardenkosten

Das britische Verteidigungsministerium habe versucht, die Panne und das Rettungsprogramm zu vertuschen. Die Enthüllung der Zeitung im Jahr 2023 über das Datenleck sei damals unterdrückt worden. Besonders brisant: Auf der Liste befanden sich laut Bericht auch Personen, die wegen Gewalt- oder Sexualdelikten zuvor abgelehnt worden waren.

Das nun offengelegte Programm ist eines der größten Evakuierungsprogramme in Friedenszeiten in der jüngeren britischen Geschichte. Kurz vor der gerichtlichen Veröffentlichung habe die Regierung begonnen, das Programm herunterzufahren. Auch, um der öffentlichen Debatte zuvorzukommen. Gleichzeitig wurden erste Entschädigungen in Aussicht gestellt: Eine britische Kanzlei vertrete bereits über 900 Afghanen, die die Regierung wegen des Datenlecks auf Schadensersatz verklagen wollen.

Die aktuelle Labour-Regierung erklärte am Dienstag, eine interne Prüfung habe "kaum Hinweise" darauf ergeben, dass die betroffenen Afghanen tatsächlich von den Taliban verfolgt wurden. Dennoch sei aus "humanitären Gründen" gehandelt worden.

{title && {title} } 20 Minuten,red, {title && {title} } Akt. 15.07.2025, 16:42, 15.07.2025, 15:53
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