Damit hat niemand gerechnet. Ausgerechnet die Taliban, die nach der Rückeroberung Afghanistans praktisch alles, was Menschen im Rest der Welt Spaß macht, verboten haben, beweisen Humor. Auf einem Instagram-Kanal werben sie nun sogar um Touristen, die das Land, in dem die Regeln einer mittelalterlichen Auslegung des Islam gelten, besuchen sollen.
Der gut einminütige Clip, der im Juli veröffentlicht wurde, beginnt mit einer Eröffnungsszene im Stil eines Hinrichtungs-Videos, mit denen Islamisten zur Zeit des Irak-Kriegs regelmäßig für Angst und Schrecken gesorgt haben. Doch anders als damals wird die mit einem Plastiksack verhüllte Person – mutmaßlich ein US-Amerikaner – in der Folge nicht grausam hingerichtet. Stattdessen wird ihm der Sack abgezogen und er sagt breit grinsend in die Kameras: "Welcome to Afghanistan!".
Das Video, an dem offenbar mehrere US-Amerikaner als "beeindruckte Besucher" mitgewirkt haben, zeigt die Schönheiten des Landes am Hindukusch: Idyllische Berglandschaften, malerische Wiesen, brausende Wasserfälle – und dazwischen immer wieder Panzerruinen und Sturmgewehre – zum Teil mit der Aufschrift "Eigentum der US Armee".
Ein Hinweis auf die nicht all zu lange zurückliegende kriegerische Auseinandersetzung mit den USA, die bekanntlich in deren erniedrigendem Rückzug endete – und den Afghanen jede Menge High-Tech-Armeeausrüstung zurückließ.
Ob die Afghanen, wie in dem Video gezeigt, wirklich mit einem Sturmgewehr in der Hand baden gehen, ist genau so fraglich wie die potenzielle Anziehungskraft, die diese Bilder auf Ausländer ausüben sollen. Aber da die international isolierten Taliban kaum etwas zu verlieren haben, können sie auch kaum Touristen abschrecken. Mit diesem ironischen Video soll wohl eine ganz besondere Zielgruppe an Abenteurern angelockt werden.
In dem streng-religiösen Land ist sowohl Musik wie auch Film verboten – sofern es keine religiösen Inhalte vermittelt. Alle Kinos wurden geschlossen. Alle nicht-religiösen bildlichen Darstellungen sind verboten. Es herrscht ausnahmsloses Alkoholverbot.
Am schlimmsten sind jedoch die Einschränkungen für Frauen – denen eine Afghanistanreise definitiv nicht empfohlen werden sollte. Sie dürfen ohne Begleitung eines männlichen Familienmitgliedes oder ihres Ehemannes das Haus nicht verlassen – und dann auch nur mit Gesichtsschleier. Mädchen wird die Schulbildung verwehrt. Sogar das unaufgeforderte Sprechen im öffentlichen Raum ist Frauen heute in Afghanistan verboten.
Ein paar besonders "mutige" Abenteurer dürfte das Alles nicht abschrecken. Mit einem Tourismus-Boom am Hindukusch ist in naher Zukunft aber wohl doch nicht zu rechnen.