Bei Südafrika-Reise

"Das ist Unsinn" – Van der Bellen lässt FPÖ auflaufen

Trump sorgte mit falschen Genozid-Vorwürfen für Aufruhr. Wochen später griff die FPÖ diese wieder auf, um Van der Bellen scharf zu kritisieren.
Newsdesk Heute
05.07.2025, 09:37
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Ende Mai kam es im Weißen Haus beinahe zu einem zweiten Selenskyj-Moment. Vor versammelter Reporter-Riege überzog Donald Trump plötzlich seinen Gast, den südafrikanischen Staatschef Cyril Ramaphosa, mit Vorwürfen über einen angeblichen "Genozid an weißen Bauern" in dessen Land.

Um die Anschuldigungen zu untermauern, hielt ihm der US-Präsident einen Stapel an Ausdrucken von Zeitungsartikeln in die Kameras. Darauf zu sehen: Helfer in weißer Schutzmontur, die unzählige Leichensäcke tragen.

Donald Trump hält neben Cyril Ramaphosa ein Foto in die Kameras, das einen "Genozid an weißen Bauern" in Südafrika beweisen soll, aber aus einem ganz anderen Land stammt. (21. Mai 2025)
REUTERS

Es stammt allerdings nicht aus Südafrika: "Vor den Augen der ganzen Welt hat Präsident Trump meine Aufnahme benutzt, das, was ich in der Demokratischen Republik Kongo gefilmt habe, um Präsident Ramaphosa zu überzeugen, dass in seinem Land weiße Menschen von schwarzen Menschen getötet werden", zeigte sich der Reuters-Videojournalist Djaffar Al Katanty später schockiert über die Zweckentfremdung seiner Arbeit. Er hatte die horrende Lage in der kongolesischen Stadt Goma nach Kämpfen mit M23-Rebellen dokumentiert. Goma liegt rund 2.300 Kilometer Luftlinie von der südafrikanischen Grenze entfernt.

Auch sonst spiegeln Trumps Vorwürfe nicht die Realität im modernen Südafrika wider. Das Narrativ eines Völkermords an Weißen in Südafrika ist in den Kreisen der extremen Rechten in den USA und anderswo zwar weit verbreitet. Stichwort: Opferrolle. Faktisch belegen lässt es sich nicht.

Verzerrtes Bild

Klar ist, die Landwirte in Südafrika haben Angst – egal, welche Hautfarbe sie haben. Das Land hat eine vergleichsweise hohe Mordrate, die überwältigende Mehrheit der Opfer sind jedoch Schwarze. Sie stellen auch 80 Prozent der Bevölkerung, jedoch sind, wenn nur Bauern betrachtet werden, Weiße überdurchschnittlich betroffen. Das liegt daran, dass auch mehr als 30 Jahre nach dem Ende des Apartheid-Regimes, der Großteil urbarer Fläche (72 %) im Eigentum weißer Familien ist, obwohl sie nur 7 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Schwarze besitzen nur etwa 4 Prozent des Landes, der Rest teilt sich auf Menschen gemischter Ethnie oder indischer Herkunft auf.

In einem seltenen Schritt haben die südafrikanischen Behörden nach Trumps Anschuldigungen die Mordstatistik nach Hautfarbe getrennt veröffentlicht. Sie zeigt, dass zwischen Oktober 2024 und März 2025 insgesamt 18 Menschen auf Bauernhöfen ermordet wurden – zwei von ihnen waren Weiße. Aus den Statistiken der letzten Jahrzehnte geht zudem hervor, dass die Bluttaten in der Regel im Rahmen von bewaffneten Raubüberfällen begangen werden.

Das Witkruis-Monument ist eine Gedenkstätte für getötete weiße Farmer in Südafrika.
REUTERS

Das Witkruis-Monument nahe Mokopane, eine Gedenkstätte rein für weiße Menschen, die auf Bauernhöfen getötet wurden, zählt rund 3.000 mutmaßliche Opfer seit 1994. Doch selbst deren Verwalter gestehen ein, dass ihr Denkmal nicht die gesamte Geschichte erzählt. So findet sich dort kein Hinweis auf die zahlreichen getöteten schwarzen südafrikanischen Farmern und Arbeiter.

Eine systematische Verfolgung Weißer lässt sich aus der Kriminalitätsstatistik nicht ableiten. Die Verbreitung von diesbezüglichen Falschinformationen und "Genozid"-Behauptungen werden von rechten Parteien innerhalb und außerhalb Südafrikas schon seit Jahren befeuert, sagt Kriminalitätsexperte Gareth Newman aus Pretoria gegenüber PBS.

Trumps blaues Echo in Österreich

Auftritt der FPÖ: Sechs Wochen nahmen nun die österreichischen Freiheitlichen den Staatsbesuch von Präsident Alexander Van der Bellen in Südafrika zum Anlass, selbst reinzugrätschen und Trumps Behauptungen ein blaues Echo zu verpassen:

FPÖ-Außenpolitik-Sprecherin Susanne Fürst im Nationalrat, Archivbild 2024.
Helmut Graf

"Dass seit dem Ende der Apartheid systematisch weiße Farmer verfolgt, enteignet und in hoher Zahl brutal ermordet werden, kann man nicht einfach hinnehmen", konstatierte die blaue Außenpolitik-Sprecherin Susanne Fürst in einer Pressemitteilung am Freitag und erklärte: "Ich erwarte mir daher von Bundespräsident Van der Bellen, dass er, wie sonst auch, auf diese Menschenrechtslage aufmerksam macht."

Platz war in Fürsts Aussendung auch noch für überschwängliches Lob für Donald Trump und den tagtäglichen Schüssen gegen die heimische Medienlandschaft. Überprüfbare Daten oder Fakten, die ihre schwere Anschuldigung untermauern würden, inkludierte die Freiheitliche nicht.

Van der Bellen reagiert: "Unsinn"

Van der Bellen reagierte darauf, von einem Reporter angesprochen, bei seiner Pressekonferenz mit Ramaphosa nüchtern: "Wir haben das besprochen: Nämlich, dass das ein Unsinn ist. Wenn Sie das bitte den Kollegen der FPÖ ausrichten würden?!"

Auch der südafrikanische Staatschef hatte noch deutliche Worte dazu zu sagen: "Letztlich handelt es sich um eine Fiktion von jenen Leuten, die unser Land in einem schlechten Licht darstellen wollen. Es ist nicht ein Funken Wahrheit in der Aussage, dass es in Südafrika einen Genozid gibt. Wir sind alle Kinder von Nelson Mandela, alle, die wir in Südafrika leben. Er führte uns auf weise Art, mit klarem Respekt für die Menschenrechte aller Südafrikaner. Niemals wird irgendeine Gruppe verfolgt werden, das wird niemals in Südafrika passieren. Danke, Herr Präsident Van der Bellen, dass sie das als Unsinn abgetan haben, weil es Unsinn ist."

Und die FPÖ? Die bleibt bei ihrer Version: "Die evidente Verfolgung von Farmern nur aufgrund ihrer weißen Hautfarbe in Südafrika als 'Unsinn' abzutun und damit zu leugnen, ist eines Staatsoberhaupts unwürdig und eigentlich skandalös", reagierte Susanne Fürst auf die präsidentielle Abfuhr.

{title && {title} } red, {title && {title} } 07.07.2025, 09:37
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