Als Student am MIT installierte Alexandr Wang eine Kamera in seinem Kühlschrank. Er wollte herausfinden, wer seine Lebensmittel stahl. Dabei hatte er eine Idee: Eine künstliche Intelligenz sollte erkennen, was im Kühlschrank ist. Doch es fehlte an Daten – sauber beschriftete Bilder, auf denen der Inhalt erkennbar ist. Dieser Mangel war die Geburtsstunde von Scale AI, Wangs Firma, die ihn 2021 mit 24 Jahren zum jüngsten Selfmade-Milliardär machte.
Bis Juni 2025 leitete Wang Scale AI. Nach dem Einstieg von Meta wechselte er als Head of Superintelligence Lab zu Meta. Bei Scale AI bleibt er nur noch als Verwaltungsrat tätig.
Wang wurde 1997 in Los Alamos, New Mexico, geboren – einem Ort, der für die Entwicklung der Atombombe bekannt ist. Seine Eltern, Einwanderer aus China, arbeiteten als Physiker am Los Alamos National Laboratory. Seine Mutter forschte im Bereich Plasmaphysik.
Bereits als Kind zeigte Wang außergewöhnliche mathematische Fähigkeiten. Seine Eltern brachten ihm Algebra bei, als er acht Jahre alt war. Er gewann landesweite Wettbewerbe, besuchte Physikolympiaden und schrieb sich mit 17 am "Massachusetts Institute of Technology" (MIT) ein. Nach nur einem Jahr brach er sein Studium ab, um Scale AI zu gründen.
Scale AI löst ein technisches Problem: Künstliche Intelligenzen brauchen große Mengen an Trainingsdaten. Diese Daten müssen Menschen von Hand beschriften – etwa markieren, wo sich ein Fußgänger im Bild befindet oder ein bestimmtes Wort im Text steht. Scale AI kombiniert Software mit einer globalen Belegschaft von sogenannten Taskern, die solche Aufgaben übernehmen. Dieser Ansatz wird als "Human-in-the-Loop" bezeichnet.
Das Unternehmen wuchs rasch. Es gewann Verträge mit Unternehmen aus der Autoindustrie und später mit dem Verteidigungsministerium der USA. Frühe Spannungen wurden sichtbar, als Mitgründerin Lucy Guo das Unternehmen verließ – laut Medienberichten wegen interner Differenzen.
Eine Reise nach China im Jahr 2018 prägte Wang stark. Er sah dort, wie KI zur staatlichen Überwachung eingesetzt wurde. Seither engagiert er sich öffentlich für die nationale Sicherheit der USA.
Er sprach vor dem US-Kongress, pflegte Kontakte in Washington und positionierte sich als Unterstützer der Verteidigungspolitik. Scale AI erhielt mehrere Aufträge vom Pentagon, darunter Thunderforge, ein von der Defense Innovation Unit initiiertes Planungs-Tool, das KI für militärische Szenarien einsetzt.
Wang stellt sich mit seiner Personalpolitik bewusst gegen gängige Diversity-Richtlinien. Seine MEI-Strategie (Merit, Excellence, Intelligence) ist sein Gegenentwurf zu klassischen DEI-Programmen und betont Leistung vor Repräsentation. Die Linie wurde von Tech-Größen wie Elon Musk gelobt, aber auch kritisiert.
Die Arbeitsweise von Scale AI beruht auf einer großen Zahl von Vertragsarbeitern weltweit. Laut Sammelklagen liegt der effektive Lohn je nach Region teils nur knapp über dem Mindestlohn. Das Tech-Portal The Register berichtet von psychischer Belastung durch verstörende Inhalte – darunter Gewalt und Missbrauch. Einige Betroffene klagen über Symptome wie posttraumatische Belastungsstörung.
Diese Berichte stehen im Widerspruch zum Slogan von Scale AI: "Humanity-first AI Company".
2025 investierte Meta über 14 Milliarden US-Dollar in Scale AI und hält seither 49 Prozent. Seitdem gilt Meta als strategischer Partner – nicht mehr als klassischer Kunde. Wang wechselte zu Meta, um ein Superintelligence-Labor zu leiten.
Im Podcast mit Shawn Ryan («SRS #208») sagte er, er wolle erst Kinder bekommen, wenn diese mit Gehirn-Computer-Schnittstellen geboren werden könnten. Damit ließ er durchblicken, dass er an ein Zeitalter "KI-nativer" Menschen glaubt.
Alexandr Wang ist das neue Gesicht der künstlichen Intelligenz: Er ist Tech-Visionär, Milliardär und politisch bestens vernetzt. Gleichzeitig steht seine Technologie aber auch für heikle ethische Fragen und eine riesige Verantwortung. Klar ist: Seine Entscheide werden die Zukunft von uns allen prägen.