Der syrische Diktator Baschar al-Assad (60) lebt seit seinem Sturz vor einem Jahr isoliert im russischen Exil. Er soll zwischen seinen drei Wolkenkratzer-Wohnungen im Geschäftsviertel Moskwa City und einer geheimen Villa außerhalb der russischen Hauptstadt pendeln und "Stunden mit Online-Videospielen" verbringen.
Manchmal besucht Assad das Einkaufszentrum im Untergeschoss des Luxus-Hochhauses. Seine krebskranke Frau Asma kämpft derweil mit dem Tod, ihr Zustand soll schlecht sein. Assads jüngerer Folter-Bruder Maher wiederum wohnt in Moskau im Four Seasons Hotel, betrinkt sich und raucht Shisha. So berichteten es Assad-nahestehende Kreise der "Zeit" diesen Oktober, ohne dass sich die Schilderungen verifizieren ließen.
Die deutsche Zeitung war nach Moskau gereist und hatte sich eine Musterwohnung der Wolkenkratzer von Moskwa City zeigen lassen. Beschrieben werden "cremefarbene Einbauschränke mit vergoldeten Rahmen, Kristalllüster, Edelhölzer, weitläufige Sofalandschaften", eine moderne Küche "mit allerlei Geräten aus deutscher Produktion" sowie gigantische Fernseher – ganz so, wie die Assads es schon in ihren Palästen in Syrien bevorzugten.
Der Höhepunkt soll das Badezimmer sein, vollständig in Carrara-Marmor gehalten. "Vor der vier Meter hohen Fensterfront steht eine riesige beheizbare Keramikwanne. Ein Flugzeug fliegt auf Augenhöhe vorbei", so die "Zeit".
Der Assad-Clan interessiert sich laut "Financial Times" seit 2013 für Immobilien in Moskau. Ihm sollen mindestens 18 Luxusapartments gehören – heimlich gekauft und unter Nutzung einer komplexen Struktur von Unternehmen und Kreditinstituten.
Die Wohnungen wurden teils auch in Cash gezahlt. Dafür transportierten die Assads und ihre Kumpanen haufenweise Bargeld über den Militärstützpunkt Mezzeh, den sie als privaten Flughafen nutzen und über den sie auch ihre Drogengeschäfte abwickelten.
In Moskau können sich die Assads offenbar frei bewegen, sollen aber vom Geheimdienst FSB bewacht – möglicherweise auch beschützt – werden. Zudem sorgt ein privater Sicherheitsdienst für Assads Schutz, laut "Zeit" zahlt dafür die russische Regierung.
Das scheint nötig zu sein. Zumindest kursieren in Russland Gerüchte, wonach der syrische Exil-Diktator in Moskau vergiftet worden sei, den Anschlag aber überlebt habe. Auch russische Exilmedien haben das Thema aufgegriffen und spekulieren, ob dahinter die Ukraine stecken könnte, um den FSB zu blamieren.
Eine weitere, naheliegendere Option wären Attentäter mit arabischem Hintergrund, immerhin hat Assad viele Feinde, und Syrien hat gegen ihn einen Haftbefehl erlassen.
Die Anklage lautet auf vorsätzlichen Mord, Folter und Aufwiegelung zum Bürgerkrieg. Doch Putin hat längst klargemacht, dass die Assads "aus humanitären Gründen" politisches Asyl genießen und eine Auslieferung nicht zur Debatte steht. Der Preis für Assads Sicherheit in Russland: sein Schweigen und komplett unsichtbar bleiben.
Das sagte zumindest der russische Botschafter in Bagdad in einem Interview im April. Öffentliche Auftritte liegen demnach ebenso wenig drin wie politische Aktivitäten.
Ob sich das Umfeld des gamenden Diktators daran hält, erscheint fraglich. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass Assads Cousin Rami Makhlouf und der ehemalige Spionagechef Kamal Hassan von Moskau aus einen Aufstand in Syrien planten, dorthin Geld an potenzielle Kämpfer schickten und über Social-Media-Kampagnen Unruhen gegen die neuen syrischen Machthaber anzettelten.
Der Milliardär und der Geheimdienstler sollen in Russland auf eine große Assad-Fanbasis zurückgreifen können: Rund 1200 Offiziere – die meisten wie die Assads Angehörige der alawitischen Minderheit – sollen in Russland leben. Die Mittellosen seien nach Sibirien gebracht worden, die mit Geld wohnen in Moskau, erzählt eine Assad-nahe Quelle der "Zeit".
Syrien heute: Wo steht das Land?
In Syrien feierten Hunderttausende den Jahrestag von Assads Sturz mit Militärparaden, Konzerten und Kundgebungen. Gleichzeitig steht das Land vor großen Herausforderungen. Viele Regionen liegen in Trümmern. Die Wirtschaft ist instabil. Vor allem hat die Assad-Herrschaft ein tief gespaltenes Land hinterlassen. Alawiten und Christen, früher von Assad geschützt, fürchten Racheakte und Gewalt. Im Süden töteten Kämpfe zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen Hunderte. Assad-nahe Kreise in Russland schürten die Spannungen, sagte Adham al-Kaak, ein Aktivist der drusischen Gemeinschaft.
Viele Menschen in Syrien sind traumatisiert. "Man vergisst nicht, wie Hunger schmeckt, und wie sich Angst anfühlt", sagte der 25-jährige Mohammed, Anwohner in Harasta. Der Ort stand jahrelang unter heftigem Beschuss und Belagerung.
Auch in Ost-Aleppo wurden ganze Viertel dem Erdboden gleichgemacht. Heute sehen manche Straßen noch immer so aus, als habe der Krieg dort gestern noch getobt. Die Lage habe sich jedoch im vergangenen Jahr verbessert, sagte ein Anwohner in Aleppo. Zum ersten Mal seit Jahren habe es im November 24 Stunden lang ununterbrochenen Strom gegeben.
Nach UN-Angaben gelten sieben Millionen Menschen im Land als Binnenvertriebene. Noch immer sind rund 16 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen. Zwar entscheiden sich immer mehr ins Ausland geflüchtete Syrerinnen und Syrer in ihr Heimatland zurückzukehren.
Das Assad-Regime wurde am 8. Dezember 2024 in einer Blitzoffensive von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) gestürzt. HTS-Kopf Ahmed al-Sharaa führt heute das Land mit rund 23 Millionen Einwohnern als Übergangspräsident an. Mit dem Umbruch wurde eine mehr als 50-jährige Herrschaft der Assad-Familie in Syrien beendet.