Bei einer Demonstration am Christian-Broda-Platz im sechsten Wiener Bezirk hat Salah Abdel Shafi, ein Vertreter der Palästinensischen Mission, schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben. In seiner Ansprache sagte er, der deutsche Bundeskanzler habe vor drei Monaten mit "Israel macht für uns die Drecksarbeit" die Wahrheit ausgesprochen.
Israel sei der Vorposten des Westens im Nahen Osten und verrichte dort die Drecksarbeit. "Und deswegen muss man diesem Staat ein Ende setzen", so Shafi. Ob er damit die Existenzberechtigung Israels infrage stellte oder sich als Nicht-Muttersprachler ungenau ausdrückte, blieb offen. Laut APA sorgt diese Aussage für Diskussionen.
An der Kundgebung nahmen laut Polizei bis zu 3.500 Menschen teil, die Veranstalter sprechen hingegen von 20.000 Teilnehmern.
Shafi verwies auf eine Resolution der UNO-Vollversammlung, laut der Israel bis 18. September 2025 alle besetzten Gebiete hätte räumen müssen. Das habe Israel als "Schurkenstaat" aber nicht getan. "Weil Israel den Schurkenstaat USA im Rücken hat und feige Regierungen in Europa hat und Israel Medien hat, die nicht die Wahrheit sagen, sondern Mittäter sind", erklärte Shafi.
Er forderte, dass Regierungen, Medien und Firmen, die mit Israel Geschäfte machen, für die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen zur Rechenschaft gezogen werden. Seiner Ansicht nach hätten alle 145 Staaten, die für die UNO-Resolution gestimmt haben, eine juristische Verpflichtung, Israel zu boykottieren und zu sanktionieren.
Die angekündigte Anerkennung des palästinensischen Staates durch einige westliche Länder begrüßte er, betonte aber, dass zuerst der Völkermord enden müsse.
Technische Probleme zwangen Shafi immer wieder, seine Rede zu unterbrechen. Während der Pausen riefen die Teilnehmer "Free Palestine". Immer wieder wurde auch der Slogan "From the river to the sea" skandiert. Laut einem Erlass des Justizministeriums aus dem Jahr 2023 kann dieser Spruch einen "Anfangsverdacht einer Gutheißung terroristischer Straftaten" darstellen.
Die Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, Shoura Zehetner-Hashemi, zeigte sich bestürzt: "Während ich hier stehe, sterben Kinder, während ich hier spreche, verhungern Menschen, sterben und werden Leben unter Schutt und Asche für immer begraben. Und das seit 23 Monaten." Ohne konkret auf israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas einzugehen, betonte sie, dass Amnesty für die Freilassung aller Gefangenen eintrete und Menschenrechte für alle fordere.
Zehetner-Hashemi kündigte an, sich direkt an österreichische Politiker zu wenden. Sie sagte, Mord und Schweigen verjährten nicht, und forderte, alle Kooperationen zu beenden, die zu israelischen Menschenrechtsverletzungen beitragen. Auch solle man Handelsvorteile, die die EU Israel einräume, aussetzen.
Zum Abschluss wandte sich die linke Aktivistin Marlene Engelhorn an die Menge: "Endlich können wir ein Wien sehen, das sich nicht mehr sträflich schämen muss - für unsere Medien, für unsere Politik und für unsere weiße Feigheit." Danach zogen die Teilnehmer weiter Richtung Parlament.
Engelhorn hatte ursprünglich geplant, gemeinsam mit anderen Aktivisten im Mittelmeer nach Gaza zu segeln. Nach einer "strategischen Entscheidung der österreichischen Delegation" sei sie aber nach Wien zurückgekehrt. Sie habe "Reichweite in Österreich und Deutschland", erklärte die bekannte Millionenerbin gegenüber der APA. Sie bestätigte auch, dass sich aktuell vier österreichische Staatsbürger auf Booten Richtung Gaza befinden.