Bildungsminister Christoph Wiederkehr will die Sommerschule ausbauen und künftig verpflichtend machen – vor allem für Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen. Geplant ist, dass sie zwei Wochen vor Schulbeginn an speziellen Kursen teilnehmen müssen. Wiederkehr begründet dies damit, dass die Sommerferien mit neun Wochen "unglaublich lange" seien. In dieser Zeit verlernten Kinder sprachlich "ganz viele Dinge".
"Und dann kommt man am ersten Tag in die Schule und kann die Sprache kaum mehr", so Wiederkehr im "ORF". Daher sei es aus seiner Sicht wichtig, betroffenen Kindern "einen Startvorteil" zu geben. Aktuell würden nur rund 16 Prozent jener Kinder, die die Kurse bräuchten, das kostenlose Angebot nutzen.
In Wien haben sich heuer rund 10.700 Schüler für die Sommerschule angemeldet. Nach Angaben des Lehrervertreters Thomas Krebs erschien mehr als ein Drittel davon nicht. Damit blieben tausende Plätze ungenutzt, obwohl die Kurse vorbereitet und organisiert waren.
Krebs zieht daraus ein klares Fazit. Er schrieb in einem Newsletter an die Wiener Pflichtschullehrer: "Würde jemand auf die Idee kommen, eine Sackgasse zu einer Schnellstraße auszubauen? Wohl nicht." Und weiter: "Man kann keine Sackgasse zu einer Schnellstraße ausbauen."
Krebs berichtete in dem Schreiben von zahlreichen Schwierigkeiten. Demnach seien viele Kinder ohne Unterrichtsmaterial erschienen oder unpünktlich gekommen. Zahlreiche Eltern würden das Angebot eher als kostenfreie Betreuung nutzen.
Auch organisatorisch gebe es laut Krebs Probleme. Oft würden die ersten Tage für Verwaltung und Einteilung aufgewendet, wodurch die tatsächliche Lernzeit stark verkürzt werde. Hinzu komme, dass viele Studierende Schwierigkeiten hätten, die sehr heterogenen Gruppen zu unterrichten.
Darüber hinaus nannte Krebs technische Probleme. So sei die Sommerschul-App des Bildungsministeriums aufgrund zahlreicher Zugriffe eingebrochen.
Außerdem müsse die Bildungsdirektion Wien einen erheblichen Teil ihrer personellen Ressourcen auf die Sommerschule konzentrieren. Diese Kapazitäten würden im regulären Unterricht fehlen, betonte der Lehrervertreter.
Nach Ansicht von Krebs wünschen sich Eltern keine Sommerschule, sondern vielmehr Ferienbetreuung oder Freizeitprogramme. Dort könnten Kinder in Bewegung, Sport oder kulturellen Aktivitäten ihre Sprache festigen – ohne schulischen Druck.
Auch für Lehrer und Studierende böten solche Programme sinnvolle Aufgaben in den Sommermonaten. Das aktuelle Modell bezeichnete Krebs hingegen als "teure Sackgasse".