Eine Infektion mit Rhinoviren, den klassischen Erregern von Schnupfen, dürfte zumindest teilweise vor dem Coronavirus schützen. Das zeigt eine groß angelegte Studie aus den USA. Der Grund dafür dürfte sein, dass eine Rhinovirus-Infektion die unspezifische Immunabwehr im Körper aktiviert – und das wirkt dann offenbar auch gegen das Coronavirus.
"Die Forschung liefert neue Erkenntnisse darüber, warum Kinder seltener Covid-19-Symptome entwickeln als Erwachsene und könnte neue Wege aufzeigen, die Schwere von Atemwegserkrankungen zu reduzieren", schrieb die Klinik in Denver im US-Bundesstaat Colorado in einer Presseaussendung. Die wissenschaftlichen Arbeit von Max Seibold und seinen Co-Autoren ist im "Journal of Infectious Diseases" erschienen.
Die Wissenschafter sind davon ausgegangen, dass Erwachsene und Kinder unterschiedlich auf das Coronavirus reagieren. Erwachsene haben öfter schwere Symptome, während Kinder seltener krank werden. Die Forscher vermuteten, dass das daran liegt, dass Kinder öfter andere Infekte durchmachen, die ihre Abwehr in den Atemwegen stärken.
Für die Untersuchung wurden 1.000 Rachen/Nase-Abstrichproben, die zwischen Mai 2020 und Februar 2021 genommen worden waren, herangezogen. Die Probanden hatten zweimal pro Monat einen Abstrichtest durchgeführt und die Proben auf 21 verschiedene Erreger von Atemwegserkrankungen untersucht.
„Teilnehmer mit einer Rhinovirusinfektion in den vorangegangenen 30 Tagen hatten ein um 48 Prozent geringeres Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion.“
Dabei zeigte sich, dass sich Personen, die in den letzten 30 Tagen einen Schnupfen hatten, seltener bei einem Familienmitglied mit Covid-19 ansteckten. "Teilnehmer mit einer Rhinovirusinfektion in den vorangegangenen 30 Tagen hatten ein um 48 Prozent geringeres Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion. Bei Teilnehmern mit einer SARS-CoV-2-Infektion war ein kurz zuvor überstandener Schnupfen mit einer 9,6-fach niedrigeren SARS-CoV-2-Viruslast verbunden." Wenn jemand aber gleichzeitig Schnupfen und Corona hatte, war die Viruslast genauso hoch wie bei denen ohne vorherigen Schnupfen.
Die Forscher wollten auch wissen, warum der Schnupfen so eine Schutzwirkung hat und haben sich die Genaktivität in den Zellen der Nasenschleimhaut genauer angeschaut. Dabei sind sie auf 22 Gene gestoßen, die bei vorherigen Infekten stärker aktiv waren und bei der Virusabwehr helfen. Besonders auffällig waren die Gene DDX58 und IFIH1. Diese Gene sorgen dafür, dass der Körper Viren erkennt und schnell Abwehrstoffe, sogenannte Interferone, produziert.
Interessant: Bei den Kindern, die an der Studie teilgenommen haben, war diese Immunreaktion sogar noch stärker als bei den Erwachsenen. Kinder stecken sich auch doppelt so oft mit Rhinoviren an wie Erwachsene. Das könnte erklären, warum Kinder seltener schwere Corona-Symptome zeigen. Die Wissenschaft nennt das Virus-Interferenz – ein Virus kann das andere ausbremsen.