Vor dem Hintergrund einer neuen russischen Angriffswelle auf die Ukraine haben die EU-Staaten über weitere Sanktionen gegen Moskau beraten. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas stellte nach einem Treffen der Außenminister am Samstag ein entschlosseneres Vorgehen bei der Nutzung von eingefrorenem russischem Vermögen in Aussicht. Bei den russischen Angriffen auf mehrere ukrainische Regionen in der Nacht auf Samstag wurde mindestens ein Mensch getötet.
Der Umgang mit Russland, das seinen Angriffskrieg fortsetzt, war das Hauptthema beim Treffen der EU-Außenminister in Kopenhagen. Kallas sagte nach den Gesprächen, um Moskau für die Kriegsschäden zur Verantwortung zu ziehen, sei es "entscheidend, alle verfügbaren Wege zu erkunden und gleichzeitig die möglichen Risiken zu minimieren".
"Wir treiben die Arbeit zur Verwendung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte voran", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Es sei "klar, dass der Aggressor für seine Taten bezahlen muss".
Auch über weitere Sanktionen gegen Russland wurde laut Kallas in Kopenhagen gesprochen. Zur Diskussion standen unter anderem indirekte Sanktionen für Russlands Handelspartner sowie strengere Maßnahmen gegen die sogenannte russische Schattenflotte, die für den Export von russischem Erdöl verwendet wird.
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul forderte mehr Druck auf Moskau. "Die Welt ist verhandlungsbereit, insbesondere die Ukraine ist verhandlungsbereit. Wer Krieg führen will, ist Wladimir Putin", sagte Wadephul in Kopenhagen. Er rief zudem zu "weiterer militärischer und finanzieller Unterstützung" für die Ukraine auf. Noch lange nicht alles, was von Seiten der EU zugesagt worden sei, sei auch eingehalten worden.
Russland hat nach Angaben der ukrainischen Behörden in der Nacht auf Samstag insgesamt 14 Regionen des Landes aus der Luft angegriffen. Laut der ukrainischen Luftwaffe kamen dabei 582 Drohnen und Raketen zum Einsatz. Die meisten davon seien abgefangen worden.
Die ukrainischen Rettungsdienste teilten am Samstag mit, dass bei Angriffen auf die Stadt Saporischschja im Süden des Landes mindestens ein Mensch getötet und 25 weitere verletzt wurden.
Der Regionalgouverneur von Saporischschja, Iwan Fedorow, erklärte, die russischen Angriffe mit Drohnen und Raketen hätten "Wohngebäude zerstört und viele Einrichtungen beschädigt, darunter Cafés, Tankstellen und Industriebetriebe". Dutzende Häuser seien von der Strom- und Gasversorgung abgeschnitten gewesen.
Der Gouverneur der Region Dnipropetrowsk beschuldigte Russland ebenfalls eines "massiven Angriffs" mit Raketen und Drohnen. In den Städten Dnipro und Pawlohrad seien Gebäude beschädigt und durch die Angriffe in Brand gesetzt worden.
Auch aus der westukrainischen, an Polen angrenzenden Region Wolhynien meldete Regionalgouverneur Iwan Rudnytski einen "massiven Angriff feindlicher Drohnen". Aus der ostukrainischen Region Donezk meldete das russische Verteidigungsministerium zudem die Einnahme der Ortschaft Komyschuwacha.
Russland erklärte, Angriffe auf Ziele in der Ukraine durchgeführt zu haben, betonte aber, diese hätten sich gegen "militärische Ziele" gerichtet.
Laut dem ukrainischen Generalstab gelang der Armee ein Angriff auf zwei russische Erdölraffinerien. Die Anlagen in der südrussischen Region Krasnodar und in der weiter östlich gelegenen Region Samara seien für Treibstofflieferungen an die russische Armee genutzt worden.
Am Donnerstag waren bei Angriffen mit Drohnen und Raketen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew nach ukrainischen Angaben mindestens 25 Menschen getötet worden, darunter vier Kinder.
Unterdessen versucht der russische Präsident Wladimir Putin, die diplomatischen Kontakte seines Landes in Asien auszubauen. Putin traf am Sonntag in der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin ein, wo unter Vorsitz des chinesischen Staatschefs Xi Jinping der zweitägige Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) stattfindet.
Der SOZ-Gipfel gibt Moskau die Möglichkeit, die Beziehungen zu wichtigen Partnern wie China, Indien, dem Iran und zentralasiatischen Ländern zu stärken. Vorab telefonierte Indiens Regierungschef Modi nach eigenen Angaben mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, um über Friedensbemühungen im Ukraine-Konflikt zu sprechen.
US-Präsident Donald Trump bemühte sich laut Angaben aus dem Weißen Haus weiterhin um ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj.
Die US-Regierung wies zurück, dass Russlands Präsident Putin seinen Amtskollegen in Washington habe auflaufen lassen. Trump und sein nationales Sicherheitsteam stünden weiterhin mit russischen und ukrainischen Vertretern in Kontakt, "um ein bilaterales Treffen zu organisieren, das das Töten beenden und den Krieg beenden soll", sagte eine hochrangige Vertreterin des Weißen Hauses am Freitag der Nachrichtenagentur AFP.