Eigentlich hätten ab 2035 keine neuen Autos mit Verbrennungsmotor mehr auf den EU-Markt kommen sollen – jetzt schaut es aber nach Lockerungen aus. Die EU-Kommission will am Dienstagnachmittag Änderungen beim sogenannten Verbrenner-Aus präsentieren. Mit Ausnahmen für Hybridautos, Bio-Benzin oder Bauteile aus Europa könnten die Autobauer unter Umständen weiterhin Verbrenner-Pkw verkaufen und müssten den CO₂-Ausstoß ihrer Fahrzeuge nicht komplett auf null bringen.
Was steckt hinter dem Verbrenner-Aus? Es geht um die EU-Flottengrenzwerte. Diese legen fest, wie viel Kohlendioxid (CO₂) alle neu zugelassenen Autos eines Herstellers im Schnitt pro Jahr ausstoßen dürfen. Ab 2035 sollen diese Werte laut aktueller Rechtslage auf Null sinken. Das heißt nicht, dass Verbrennungsmotoren verboten werden, aber sie stoßen eben nach heutigem Stand der Technik CO₂ aus. Elektroautos gelten als emissionsfrei.
Wenn ein Autobauer die Obergrenze überschreitet, muss er Strafe zahlen. Deshalb fordern die Hersteller Lockerungen. Sie wollen auch ein Zwischenziel aufweichen: Wer den Grenzwert für 2030 verfehlt, soll das in den Folgejahren wiedergutmachen können.
Bleiben die Grenzwerte bei Null? Das ist noch offen. Der Chef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), rechnet mit Änderungen: "EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe ihm zugesichert, die Grenzwerte sollten nicht um hundert Prozent – also auf Null – sondern um 90 Prozent sinken." Die Kommission selbst hat das aber nicht bestätigt.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kommission nicht die Grenzwerte insgesamt ändert, sondern Ausnahmen schafft oder die Berechnungsmethode anpasst. Dann könnten zum Beispiel CO₂-Einsparungen in der Produktion berücksichtigt werden.
Welche Ausnahmen sind möglich? Vor allem bei Hybrid-Pkw und Elektroautos mit sogenanntem Range-Extender – da lädt ein kleiner Verbrenner-Motor die Batterie auf – sind Ausnahmen denkbar. Auch die Bundesregierung fordert so eine Lösung. Die restlichen Emissionen sollen dann an anderer Stelle, etwa im Verkehrs- oder Kraftstoffsektor, eingespart werden.
Die Autoindustrie will außerdem, dass Verbrenner-Autos, die nur mit Bio-Kraftstoffen fahren – etwa aus Biogas oder altem Frittenfett, oder mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) – eine Ausnahme bekommen. Die Umweltorganisation T&E sagt aber: "Eine solche Regelung ist irreführend, weil die Kraftstoffe durchaus CO₂ ausstoßen." Außerdem warnt T&E davor, dass dann möglicherweise Wälder für Bio-Benzin abgeholzt werden.
Noch ist auch unklar, ob ganz normale Verbrenner von den Änderungen profitieren sollen. Die Autoindustrie meint, neue Verbrenner seien sparsamer und damit sauberer als alte Autos und könnten so auch beim Klimaschutz helfen.
Bisher geht es bei den CO₂-Grenzwerten nur darum, was hinten beim Auspuff rauskommt. Jetzt wird diskutiert, ob Hersteller belohnt werden sollen, wenn sie zum Beispiel "grünen" Stahl aus Europa verbauen. Der verursacht bei der Herstellung weniger CO₂ als etwa Stahl aus China. Das könnte auf die CO₂-Bilanz angerechnet werden. So will die Kommission auch die Produktion in Europa stärken.
Frankreich und Spanien wollen noch weiter gehen und fordern einen verpflichtenden Mindestanteil an europäischen Bauteilen. Die deutschen Autobauer sind dagegen, weil sie fürchten, dass das die Preise hochtreibt und Handelspartner verärgert.
Welche Ideen gibt es noch? Die EU-Kommission will den Verkauf von Elektroautos ankurbeln und setzt dabei bei den Dienstwagenflotten der Firmen an. Am Dienstag soll ein Zielwert für den Anteil an Elektroautos bei Dienstwagen vorgestellt werden. Der Gedanke dahinter: Dienstwagen sind meistens Neuwagen, die nach ein paar Jahren auf dem Gebrauchtwagenmarkt landen und dann von privaten Fahrern übernommen werden.
Wie geht es nach Dienstag weiter? Wenn die Kommission ihre Vorschläge präsentiert hat, müssen das Europaparlament und der Rat der 27 EU-Länder darüber verhandeln. Bis endgültig etwas beschlossen ist, wird es also noch einige Monate dauern.