Justiz ermittelt (wieder)

Ex-Mann hält Kinder fest: "Er wurde hier radikalisiert"

Der Ex-Mann von Liza Ulitzka brachte Lily (8) und Noah (6) nicht aus Ägypten zurück. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Kindesentführung.
Christine Ziechert
25.12.2025, 12:00
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Die neu gekauften Schulsachen liegen noch in einer Ecke, vollkommen unbenutzt: "Noah wäre heuer eingeschult worden", berichtet Liza Ulitzka (44) im "Heute"-Gespräch. Doch für Noah gab es keinen Schulstart in Wien. Denn sein Vater Karim (Name geändert) hält den Sechsjährigen und dessen Schwester Lily (8) seit Juli offenbar in Ägypten fest.

Die Liebesgeschichte von Liza und Karim begann während des Arabischen Frühlings im Jahr 2011: "Die Journalistin und der Revolutionär – ganz klassisch", lächelt Ulitzka traurig. Die Wienerin – damals in Bildungskarenz – lernte den ein Jahr jüngeren Karim über eine Freundin in Kairo kennen: "Ich bin dann für zwei Jahre unten geblieben", erinnert sich die heute 44-Jährige.

Prediger auf YouTube angehört

Das Paar heiratete 2014 in Ägypten, 2015 folgte der Umzug nach Wien. 2017 kam Lily zur Welt, zwei Jahre später Noah – das Familienglück war perfekt. Auch beruflich ging es für den ausgebildeten Zahnarzt aufwärts. Nachdem er hier jahrelang um seine Nostrifikation gekämpft hatte, erhielt er sie schließlich im Jahr 2020. Zwei Jahre später übernahm er dann eine Praxis in der Nähe des Westbahnhofs.

Ab 2023 begann sich Karim zu verändern: "Er hat angefangen, sich sehr mit dem Islam auseinanderzusetzen und auf YouTube ständig Prediger angehört", meint Ulitzka. Lily, damals noch im Kindergarten, wurden Ausflüge, später dann der Schulskikurs verboten: "Vorher war das nie Thema. Aber dann hieß es auf einmal: 'Kinder dürfen nicht mit Fremden unterwegs sein' oder 'Kinder dürfen nicht außerhalb des Elternhauses übernachten'."

Lily und Noah vor einigen Jahren.
zVg
„Einmal hat er eine Bibel nach Hause gebracht. Er wollte sie im Garten meiner Mutter verbrennen“
Liza Ulitzkaüber ihren Ex-Mann

Die Situationen, in denen Karim sich einmischte, wurden immer häufiger: So verbot er Lily, kurze Hosen zu tragen: "Karim meinte, Mädchen müssen lernen, sich züchtig zu kleiden. Das fand ich komplett absurd. Wir haben uns dann auf einen Kompromiss – eine Radlerhose – geeinigt. Er hat dann auch religiöse Sprüche aufgehängt, die man sagen musste, bevor man zum Beispiel das Haus verlässt", erzählt Ulitzka, die selbst seit 2014 Muslimin ist und auch Arabisch spricht.

Die für die Wienerin lächerlichen Diskussionen wurden immer extremer: "Einmal hat er eine Bibel aus der Praxis nach Hause gebracht, die ein Patient vergessen hatte. Er wollte sie im Garten meiner Mutter verbrennen – ich war sprachlos. Ich habe sie dann in eine Kirche gebracht. Als er das erfahren hat, ist er völlig ausgezuckt und hat geschrien: 'Wieso widersetzt du dich meinem Willen?'"

Bild aus besseren Tagen: Ulitzka mit ihren Kindern und ihrem Ex-Mann.
zVg

Besuch in Wiener Moscheen

Die Einschränkungen wurden immer häufiger und strenger: "Im Frühjahr 2024 wollte er dann, dass ich ihn um Erlaubnis frage, wenn ich verreise. Ich habe gemeint, das mache ich nicht. Er hat mir den Ehering vor die Füße geworfen. Das war nicht mehr der Mensch, den ich kennen- und lieben gelernt hatte. Er war wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Von da an sind die Fetzen geflogen und alles ist eskaliert."

Karim tauchte immer mehr in den radikalen Islam ein: "Er meinte einmal zu mir: 'Du musst Gott gehorchen. Und ich bin Gott auf dieser Erde!'" Der 43-Jährige besuchte auch zwei Wiener Moscheen: "Dort war er Tag und Nacht – er wurde hier radikalisiert. Später habe ich erfahren, dass er bei einer Moschee sogar im Vorstand war. Er ließ sich einen langen Bart wachsen und hatte ein Mal auf der Stirn, das besonders Fromme haben, weil sie oft beten."

„Er hat mich komplett zur Sau gemacht, Vasen zerschlagen. Ich hatte wirklich Angst vor ihm“
Liza Ulitzkamusste die Polizei rufen

Auch zu einer Wegweisung durch die Polizei kam es einmal: "Er hat mich komplett zur Sau gemacht, Vasen zerschlagen und meinen Laptop auf den Boden geschmissen. Ich hatte wirklich Angst vor ihm, habe mir mein Handy geschnappt und die Polizei gerufen."

Schließlich nahm sich Ulitzka eine Anwältin und reichte die Scheidung ein. Zudem wurde ein Kontaktrecht für die Kinder vereinbart – samt Ferienregelung: "Er wollte die Kinder dann im Dezember 2024 und April 2025 nach Ägypten mitnehmen, das habe ich verhindert", erklärt Ulitzka.

Karim brachte Kinder nicht zurück

Doch für den heurigen Sommer wurde per Gericht ein dreiwöchiger Aufenthalt in Ägypten für Lily und Noah vereinbart: "Ich wollte seiner Familie die Möglichkeit geben, die Kinder zu sehen. Aber ich habe ihn unterschätzt. Er ist mit ihnen am 19. Juli nicht zurückgekommen."

Drei Tage später flog Ulitzka nach Kairo, den letzten Kontakt zu Noah und Lily hatte sie dort per Telefon: "Sie waren extrem eingeschüchtert, haben sich nicht getraut, zu reden. Ich habe ihnen noch gesagt: 'Ich hab' euch lieb. Wir sehen uns bald wieder!' Das war's, danach gab es keinen Kontakt mehr.

Liza Ulitzka sucht verzweifelt nach ihren Kindern.
Denise Auer
„Ich hoffe auf einen internationalen Haftbefehl, der gilt dann auch in Ägypten“
Liza Ulitzkaüber den Ausgang der Ermittlungen

Die 44-Jährige flog immer wieder nach Kairo, klapperte sämtliche Verwandte von Karim ab – ohne Erfolg. Auch ein auf solche Fälle spezialisierter, ägyptischer Anwalt wurde engagiert. Im September wurde dann die Scheidung in Österreich rechtskräftig, Karim wurde zudem die Obsorge entzogen.

Ulitzka erstattete Anzeige, die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen wegen Kindesentführung aber Anfang Dezember ein: "Ich habe mich komplett im Stich gelassen gefühlt." Doch nun gibt es einen Hoffnungsschimmer: Denn die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Karim wieder aufgenommen: "Ich hoffe auf einen internationalen Haftbefehl bzw. eine Fahndung, das gilt dann auch in Ägypten", meint Ulitzka.

Ulitzka mit Lily und Noah bei einem Mekka-Besuch im Jahr 2023.
zVg

Sorgerechts-Verhandlung in Kairo

Auch in Ägypten laufen mehrere Verfahren gegen Karim – eine Sorgerechts-Verhandlung fand am 20. Dezember statt – in Ägypten haben Mütter bis zum 15. Lebensjahr das Sorgerecht für ihre Kinder. "In der Verhandlung hat Karim über einen Anwalt beantragt, dass seine Mutter das Sorgerecht für Lily und Noah erhalten soll, weil ich angeblich keine Muslimin mehr bin, was eine Lüge ist."

Eine Strafverhandlung steht zudem noch im Jänner in Kairo an, da Karim die Kinder nicht an Ulitzka herausgibt, wie es behördlich angeordnet ist: "Ich bin recht zuversichtlich. Wir lassen jetzt nur noch juristische Mittel sprechen. Die Zeit des Redens ist vorbei."

{title && {title} } cz, {title && {title} } Akt. 25.12.2025, 12:36, 25.12.2025, 12:00
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