Dass US-Präsident Donald Trump bereits im Vorfeld der Ukraine-Friedengespräche jede Menge Zugeständnisse an den russischen Präsidenten Wladimir Putin machte, sorgte weltweit für Kopfschütteln und Stirnrunzeln: Warum sollte ein US-Präsident Russland so sehr entgegenkommen, verfolgten die USA doch bis zuletzt noch aktiv eine Politik der "Eindämmung" und Einhegung des ehemaligen "Klassenfeindes".
Jetzt behauptet Kasachstans Ex-Geheimdienstchef Alnur Mussajew, er habe Trump 1987 in Moskau als KGB-Agent angeworben. In einem Posting auf Facebook behauptet er: "1987 war ich in der 6. Direktion des KGB der UdSSR in Moskau tätig. Die wichtigste Arbeitsrichtung der 6. Verwaltung war die Einstellung von Geschäftsleuten aus kapitalistischen Ländern. In diesem Jahr rekrutierte unsere Regierung einen 40-jährigen Geschäftsmann aus den USA, Donald Trump, unter dem Pseudonym 'Krasnov'." "Krasnov" bedeutet auf russisch "rot", angeblich in Anspielung auf seine Haarfarbe (sein Gesicht war damals noch nicht so rot).
An der Geschichte könnte tatsächlich etwas dran sein: 1987 reiste Trump mit seiner damaligen Frau Ivana (76) auf Einladung des staatlichen Komitees für Auslandstourismus der Sowjetunion nach Russland. Pressefotos zeigen die Beiden etwa vor dem Palast in St. Petersburg.
Recherchen des Politik-Magazins "politico" ergaben bereits 2017, dass die Reise "mit ziemlicher Sicherheit" durch den berüchtigten sowjetischen Geheimdienst KGB ermöglicht wurde. Der KGB habe in den 80er-Jahren aufgrund geringer Erfolge seine Strategie bei der Anwerbung von Informanten geändert, so die Erklärung, wie man auf den schon damals umtriebigen Immobilienmagnaten Trump gekommen sei. Eine Einreise war damals allerdings nur nach eingehender Sicherheitsüberprüfung durch den KGB möglich.
Doch wie kam es überhaupt zu der Russland-Reise? Trump selbst erzählte in seinem Bestseller "The Art of the Deal", dass die Idee zur Russlandreise vom sowjetischen Botschafter gekommen sei, den er im Herbst 1986 bei einem Geschäftsessen kennen gelernt habe. "Eins führte zum anderen, und jetzt spreche ich über den Bau eines großen Luxushotels gegenüber dem Kreml in Partnerschaft mit der Sowjetregierung", so Trump in dem Buch laut "politico".
Was Donald Trump in Moskau erwartet haben könnte, beschrieb der ehemalige GRU-Agent Viktor Suworow (GRU ist ein weiterer russischer Geheimdienst) ausführlich: "Alles ist kostenlos. Es gibt gute Partys mit netten Mädchen. Es könnte eine Sauna und Mädchen geben und wer weiß, was noch." Die Hotelzimmer oder Villen stünden unter "24-Stunden-Kontrolle", mit "Überwachungskameras und so weiter", sagte Suworow. "Das Interesse ist nur eines. Informationen zu sammeln und diese Informationen über ihn für die Zukunft aufzubewahren."
Die Times of Central Asia hält Mussajews Ausführungen jedoch für zumindest zweifelhaft und nennt sie eine "wilde Geschichte". So schreibt die kasachische Zeitung in ihrer Online-Ausgabe, Mussajews Angaben über seine berufliche Laufbahn würden sich nicht mit offiziellen Aufzeichnungen decken. So sei Mussajew von 1986 bis 1989 dem sowjetischen Innenministerium zugeteilt und für Strafverfolgung zuständig gewesen – und nicht, wie Mussajew behauptet, in der 6. Direktion des KGB in Moskau tätig gewesen.
Auch sei die Aufgabe der 6. Direktion nicht die Anwerbung ausländischer Agenten oder Informanten gewesen, sondern Industriespionage sowie wirtschaftliche Spionageabwehr. Die Anwerbung von Agenten sei Aufgabe der 1. Direktion, so die Times of Central Asia. Laut der Zeitung würden viele in Kasachstan die Behauptungen Mussajews für einen "Scherz" oder "Satire" halten. Allerdings wäre es auch nicht ungewöhnlich, wenn hoch sensible Geheimdienstposten nicht in offiziellen Lebensläufen aufscheinen.
Der kasachische Politikanalyst Daniyar Ashimbayev schrieb auf seinem Telegram-Kanal: "Die globale Zirkusshow geht weiter. Der ehemalige Vorsitzende des KNB (Nationales Sicherheitskomitee der Republik Kasachstan), der wegen Hochverrats gesucht wird und sich gerne als Mann mit 'Insiderwissen' darstellt, behauptet nun, Donald Trump sei von der 6. Direktion des KGB rekrutiert worden", wie ihn die Times of Central Asia zitiert.
Er wies auch darauf hin, dass Mussajew bereits in der Vergangenheit Persönlichkeiten fälschlich als KGB-Agenten diskreditiert habe. Vielmehr habe sich Mussajew selbst in "politische und kriminelle Aktivitäten verstrickt, darunter Korruption, Folter und einen angeblichen Putschversuch", so Ashimbayev. Aus diesen Gründen floh Mussajew 2008 dann auch aus Kasachstan – nach Wien.
Dennoch: Mussayevs Behauptungen sind bei weitem nicht die einzigen von ehemaligen KGB-Offizieren. In "American Kompromat", einem 2021 erschienenen Buch von Craig Unger, behauptet der ehemalige KGB-Offizier Yuri Shvets, Trump sei in den 1980er Jahren von Moskau rekrutiert worden.
Mussajew war von 1997 bis 1998 sowie von 1999 bis 2001 Chef des kasachischen Geheimdienstes KNB. Nach politischen Turbulenzen in Kasachstan, bei denen es um Bestechungsvorwürfe gegen den damaligen kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew ging, floh er 2007 gemeinsam mit seinem ehemaligen Stellvertreter Rakhat Alijew nach Wien.
Ein Entführungsversuch Mussajews in Wien im September 2008 scheiterte. Einer der Täter wurde zwar in Österreich vor Gericht gestellt, aber freigesprochen. Für Mussajew nur ein weiterer Beweis für politischen Einfluss aus dem Ausland. 2015 wurde dann gegen Mussajew und Alijew selbst in Kasachstan ein Mordprozess eröffnet – der in Österreich verhandelt wurde.
Doch noch vor Prozessbeginn wurde Alijew in der Justizanstalt Josefstadt erhängt aufgefunden. Sein Körper war "mit Betäubungsmitteln vollgepumpt", doch offiziell wurde der Todesfall als Selbstmord zu den Akten gelegt. Mussajew wurde von allen Vorwürfen freigesprochen.