Trotz psychischer Erkrankung ging Andreas H. einem Beruf nach, zählte dadurch zu den "begünstigten Behinderten". Zuerst war er als Mechaniker in einem Lagerhaus tätig, später als Facharbeiter in St. Pölten. Als er gekündigt wurde, begann erst der wahre Hürdenlauf.
Sein Status als "begünstigter Behinderter" gab ihm die Möglichkeit, die Kündigung anzufechten. Daraufhin führte eine "unglückliche Kombination" aus überlanger Verfahrensdauer beim Sozialministerium-Service (SMS) und schlechter Beratung durch das Arbeitsmarktservice (AMS) Niederösterreich zu einem regelrechten Fiasko, so die Volksanwaltschaft, die sich in weiterer Folge seines Falls annahm.
Andreas H. musste einerseits 38.000 Euro Gehalt an seinen Ex-Arbeitgeber zurückzahlen, bekam andererseits aber für die Zeit seit April 2023 keinen Cent Arbeitslosengeld.
"Wir konnten das AMS doch noch davon überzeugen, den damaligen Antrag auf Arbeitslosengeld gelten zu lassen. Nun sollte er also rückwirkend das Arbeitslosengeld bekommen", so Volksanwalt Bernhard Achitz.
Hintergrund: Für die Kündigung eines "begünstigten Behinderten" ist die Zustimmung des Sozialministerium-Service (SMS) notwendig. Solange das SMS prüft, ist unklar, ob es zu einer Kündigung kommt oder nicht. Entsprechend weiß man auch erst im Nachhinein, ob man arbeitslos ist oder nicht. Währenddessen muss die Firma Lohn bzw. Gehalt weiterzahlen. Stimmt das AMS der Kündigung zu, muss der Betroffene Lohn/Gehalt an den Arbeitgeber zurückzahlen.
Deshalb ist es in solchen Fällen gut, sich vorsorglich arbeitslos zu melden. Darauf wurde Andreas H. von AMS NÖ nicht hingewiesen. Volksanwalt Achitz: "So etwas kann aber der Betroffene im Normalfall nicht wissen." Bei H. kommt aber dazu, dass das SMS extrem lang für seine Entscheidung gebraucht hat, nämlich 15 Monate statt der gesetzlichen Frist von höchstens sechs Monaten. Wegen dieser langen Verfahrensdauer hat sich die enorm hohe Summe von 38.000 Euro angesammelt, die H. zurückzahlen musste.
Das AMS meinte, man hätte nicht damit gerechnet, dass das Verfahren so ausgehen würde, dass die Kündigung genehmigt würde und H. sein Gehalt zurückzahlen müsse. Achitz in der ORF-Sendung "Bürgeranwalt" am 26. April: "Das ist aber völlig unerheblich, man kann nie vorwegnehmen, wie ein Verfahren ausgeht. Das AMS hätte Herrn H. auf die möglichen Folgen aufmerksam machen müssen und seinen Antrag auf Arbeitslosengeld vorsorglich annehmen müssen. Dann wäre nichts passiert, und H. wäre abgesichert gewesen!"
Nach Einschreiten der Volksanwaltschaft hat das AMS Niederösterreich den Fall noch einmal geprüft. Ergebnis: Es sei nicht klar, ob H. ausreichend informiert worden sei. "Diesen Fehler nehmen wir zum Anlass, um mit Herrn H. eine Neuaufnahme seines Antrages auf Arbeitslosengeld zu starten", so das AMS: "Die finanziellen Sorgen, die Herr H. zwischenzeitig auf sich nehmen musste, bedauern wir aufrichtig und freuen uns umso mehr, ihm letztlich eine positive Nachricht übermitteln zu können. Volksanwalt Achitz: "Es ist dem AMS hoch anzurechnen, dass sie sich das noch einmal angeschaut haben."