Verstoß gegen UN-Konvention

Frau (37) bekommt keine Persönliche Assistenz mehr

Corinna hat eine hundertprozentige Behinderung, mit einer Persönlichen Assistenz könnte sie selbstbestimmt leben. Aber: Die PVA strich Pflegegeld.
Sarah Marie Piskur
08.04.2025, 07:30

Am Tag vor ihrem 26. Geburtstag hatte Corinna G. plötzlich eine Hirnblutung. Während einer Pause in der Arbeit fiel die heute 37-Jährige unerwartet vom Sessel, musste schließlich notoperiert werden, auch einen Teil der Schädeldecke entfernten die Ärzte.

Ein Jahr lang kämpfte sich Corinna durch Krankenhausaufenthalt und Reha, bis sie zu ihren Eltern nach Wilhelmsburg (Bezirk St. Pölten-Land) ziehen konnte. Das Haus bauten Christine und Patrick G. für ihre Tochter behindertengerecht um.

Damit Corinna wieder selbstbestimmt leben kann, folgte 2022 schließlich der Umzug in eine eigene Wohnung. Kleine Wege kann die 37-Jährige selbst zurücklegen. Für viele Tätigkeiten wie Duschen oder Training braucht sie aber die Unterstützung einer Persönlichen Assistenz.

600 Euro weniger Pflegegeld

Bisher konnte Corinna die Persönliche Assistenz mit Berufsunfähigkeitspension, Pflegegeld der Stufe 5 und einer Förderung des Landes finanzieren. Doch 2024 dann der Schock: Die PVA setzte die Pflegestufe von fünf auf drei herab.

Plötzlich hatte Corinna rund 600 Euro weniger Pflegegeld zur Verfügung, eine Finanzierung der persönlichen Assistenz war somit nicht mehr möglich. Außerdem verlor Corinna mit der niedrigeren Pflegestufe den Anspruch auf eine Persönliche Assistenz.

"Niederösterreich koppelt als einziges Bundesland die Persönliche Assistenz an die Pflegestufe 5", kritisiert Volksanwalt Bernhard Achitz. "Das ist ein klarer Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention", so der Jurist.

Konvention 2008 ratifiziert

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wurde von Österreich vor fast 20 Jahren ratifiziert. Damit verpflichtete sich nicht nur der Bund, die Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung zu forcieren, sondern auch die Länder.

Bei vielen Bereichen – wie etwa bei der Persönlichen Assistenz – gibt es aber weiterhin keine bundesweiten Vorgaben. Das führt innerhalb Österreichs zur Ungleichbehandlung von Menschen mit Behinderung – also genau dem Gegenteil von dem, was mit der Umsetzung der UN-BRK eigentlich erreicht werden sollte.

Einigung auf neue Pflegestufe

Der Fall von Corinna G. landete schließlich vor Gericht. "Die Eltern von Corinna haben auch kritisiert, dass das neue Gutachten nur zehn Minuten gedauert hat", erklärt das Büro von Volksanwalt Achitz auf "Heute" Anfrage.

Schließlich konnten sich die beteiligten Parteien vorerst auf einen Kompromiss einigen. Bis 2026 erhält Corinna G. die Pflegestufe vier. Für die Betroffene, die auf eine Persönliche Assistenz für ein selbstbestimmtes Leben angewiesen ist, allerdings nur ein schwacher Trost.

Ein Lichtblick sei allerdings, dass die aktuelle Regierung laut ihrem Programm eine Harmonisierung der Vorgaben zur Persönlichen Assistenz vorantreiben will. "Wir brauchen österreichweit einheitliche Voraussetzungen", so Achitz.

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Bis es so weit ist, sei aber jedes Bundesland verpflichtet, "die Voraussetzungen für ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Niederösterreich tut das nicht", so der Volksanwalt.

{title && {title} } SaPi, {title && {title} } Akt. 08.04.2025, 07:35, 08.04.2025, 07:30
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