"Nun haben wir auch keinen Chirurgen mehr in Gänserndorf, der mit der E-Card aufgesucht werden kann." Mit diesen Worten meldet sich "Heute"-Leser, früherer Lokalpolitiker und ehemaliger Patient Walter Krichbaumer bei der Redaktion. Denn in der ganzen Region gibt es seit Juni keinen einzigen Kassen-Facharzt für Venenchirurgie mehr.
Davor war Dr. Heinrich Pink (65) drei Jahrzehnte lang Kassenarzt – und immer beliebt bei seinen treuen Stammpatienten. "Ich habe häufig die Ordination schon um 10 Uhr aufgesperrt und kam oft erst um 21.30 Uhr heim. Ich war 30 Jahre lang wirklich gerne Kassenarzt, aber mit zunehmendem Alter kann und will man dieses Pensum nicht mehr schaffen, ohne die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu gefährden."
Seine Kritik an der Kassenmedizin ist deutlich: "Sie zielt leider immer mehr darauf ab, möglichst viele Menschen in möglichst kurzer Zeit durch Ordinationen zu schleusen, leider oftmals ungefiltert und mit falschen Zuweisungen – ein Weg, der nicht meinen Vorstellungen einer menschlichen Versorgung entspricht."
Pink kritisiert auch den erhöhten administrativen Aufwand für E-Card, ELGA, Abrechnung und Dokumentation, den sein Kassendienst erforderte. "Hardware, Software und Betriebskosten steigen enorm und müssen vom Arzt getragen werden."
Nach einer Sommerpause sperrte Pink im September seine Ordination wieder auf – allerdings als Wahlarzt. Heute behandelt er nur noch 15 Stunden pro Woche. "Mehr Zeit und kürzere Wartezeiten, vor allem für Erstbegutachtungen, kürzere bis keine Wartezeiten im Wartezimmer, mehr Zeit auch für jenen Patienten, die vielleicht nur etwas Zuwendung und Information brauchen."
Das neue Konzept ermögliche Therapien, die in der Kassenmedizin nicht vorgesehen sind. "Ich biete Ozontherapie, alternative Schmerztherapien, Hilfe bei Potenzstörungen und vieles mehr. Diese Therapieformen brauchen viel Zeit, die im Kassenalltag einfach nicht zur Verfügung steht."
Pink führt aus: "Schwerpunktmäßig bieten wir Diagnostik und minimalinvasive Therapie von Venenleiden (ohne Operation) auf höchstem technischen Niveau. Farbultraschall und Venenfunktionsdiagnostik, die heute Goldstandard sein sollten, werden in vielen Krankenhäusern und Ordinationen nicht oder nicht mehr angeboten."
Viele Behandlungen ersparen laut Pink Operationen und Krankenhausaufenthalte: "Laserbehandlungen oder Mikroschaumverödungen können Patienten Narkosen, Spitalsaufenthalte und längere Krankenstände ersparen – werden jedoch von der Krankenkasse nicht bezahlt."
Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) erklärt auf "Heute"-Anfrage: Pink hatte noch einen Altvertrag mit zwölf Stunden Mindestzeit. Inzwischen seien im Vertrag mit der ÖGK mindestens 20 Wochenstunden an vier Tagen Standard. "Wir danken Dr. Pink herzlich für die gute Zusammenarbeit", quittiert die Kasse den Fall.
Pink kontert: "Ich hatte einen alten 12-Stunden-Vertrag, aber mit einem Tarif von sage und schreibe 6,39 Euro für eine Ordination bei der ÖGK können Sie sich vorstellen, dass man davon bei 12 Wochenstunden nicht gut leben kann!!! Ich habe oft versucht, junge Kollegen für Jobsharing zu begeistern – nicht einer war zum Kassentarif dazu bereit. Auch für eine Stellvertretung hat sich in all den Jahren niemand interessiert."
Für Patienten bedeutet das: Wer sich die Wahlarzt-Rechnung (Ersttermin 180 Euro, Folgetermine 100 Euro je Behandlung) nicht leisten kann, muss ins Krankenhaus Mistelbach ausweichen. Der ehemalige Patient Krichbaumer schildert: "Die Reichen oder Doppelverdiener werden es sich leisten können. Für die Ärmeren bleibt also nur mehr die Ambulanz im Krankenhaus Mistelbach."
Pink versteht die Sorgen: "Ich werde als Wahlarzt sicher weniger verdienen, schon aufgrund der deutlichen Stundenreduktion. Der Grund des Wechsels war nie ein Mehrverdienst, sondern mehr Zeit für mich und meine Patienten. Ich will weiterhin menschliche, gute Medizin zu fairen Preisen anbieten – und die bisherige Akzeptanz ist sehr gut."