Nach der Schamanenmasche nun der nächste unglaubliche Betrugsfall in NÖ: Im Zuge eines Bauprojektes, der Neubau der Volksschule in Hagenbrunn (Bezirk Korneuburg), fielen die Marktgemeinde und eine von der Kommune beauftragte Baufirma auf einen Betrug herein. Der Schaden: 292.900 Euro.
Wie auch der "Falter" berichtet, hatte die Baufirma Mitte Juli 2024 eine E-Mail einer gewissen "Sarah Solinger" erhalten. In dem Schreiben, hinter dem ein oder mehrere Betrüger stecken, gab sich "Frau Solinger" als Gemeindemitarbeiterin aus, erkundigte sich wegen offenen Teilrechnungen. Die Baufirma biss an, antwortete, dass noch 292.900 Euro offen seien. Die Originalrechnung soll versendet worden sein.
Mit den Originaldokumenten in der Hand gab sich der Kriminelle schließlich als "Christine Binder" von der Baufirma aus, forderte von der Gemeinde per E-Mail die Zahlung der offenen Rechnung in der Höhe von 292.900 Euro. Die Gemeinde überwies das Geld – es ist nun futsch.
Hagenbrunns Bürgermeister Michael Oberschil (ÖVP) zeigt sich im "Heute"-Gespräch betroffen: "Das ist ein Wahnsinn." Doch wie konnte man auf den Betrug hereinfallen? "Erstmals muss man sagen, dass der Betrug nicht bei uns seinen Anfang genommen hat." Die beauftragte Baufirma habe erst die Originalrechnung "an eine komische E-Mail-Adresse" hingeschickt.
"Wir wurden dann mit der Originalrechnung und Kontoblatt konfrontiert und angefragt, ob eine Änderung der Bankverbindung auf ein italienisches Konto noch möglich ist", so Oberschil. "Die Originalrechnung war da, wir haben eine Buchhalterin, die für mich über jeden Zweifel erhaben ist, und die Freigabe der Überweisung erfolgte durch mich."
Die Baufirma sei "international tätig", "Italien ist ein Nachbarstaat und die Firma arbeitet auf der ganzen Welt", zuvor waren Überweisungen auf ein österreichisches Konto getätigt worden. "Bei einer IBAN aus Aserbaidschan wird man hellhörig, aber eine italienische IBAN in Zeiten des internationalen Handels ist nicht ungewöhnlich."
Aufgeflogen war der Betrugsfall schließlich, als der Betrüger es noch ein zweites Mal versuchen wollte: Diesmal wurden rund 400.000 Euro gefordert – auch wieder mit Rechnung – diesmal wurden die Gemeindevertreter aber stutzig.
Nach einer Anzeige laufen die Ermittlungen, inzwischen konnte der Kontoinhaber ausgeforscht werden. "Es erging ein Rechtshilfeersuchen nach Italien", so Josef Mechtler, Sprecher der Staatsanwaltschaft Korneuburg, zu "Heute". Der Mann soll sich in Italien aufhalten, die italienischen Ermittler sollen ihn vor Ort zu dem Fall befragen. Ermittelt wird wegen schweren Betrugs und Geldwäscherei. Ob eine oder mehr Personen in dem Kriminalfall verwickelt sind, ist noch unklar. Bei dem Kontoinhaber soll es sich um einen pakistanischen Staatsbürger handeln, das Geld wurde schon auf ein anderes Konto transferiert.
Mittlerweile ist die Volksschule übrigens großteils fertiggestellt – die Gesamtkosten für den Neubau sollen sich laut Bürgermeister Oberschil zwischen 1,3 und 1,5 Mio. Euro bewegen: "Die Kinder sind schon drinnen, bis auf zwei Klassen und die Außenanlagen ist das Gebäude fertig." Das erstmals verlorene Geld "trifft uns schon hart. Wir werden aber nicht Konkurs anmelden müssen".
Zum Kriminalfall sagt der Ortschef abschließend: "Beide, die Baufirma und die Gemeinde, sind reingefallen." Man wolle nun einmal die Ermittlungen abwarten, die Hoffnung, dass das Geld nicht verloren ist, ist da: "Wir hoffen alle miteinander. Das wäre natürlich das Schönste."
Die Baufirma wiederum schiebt den schwarzen Peter Richtung Gemeinde, in einem Statement gegenüber dem "ORF NÖ" heißt es: "Wir hätten uns eine Rückfrage erwartet. Die Firma BAUMANN/GLAS/1886 hat seit 80 Jahren dieselbe Kontonummer bei derselben Bank. Eigentlich hätte die per simpler E-Mail erhaltene angebliche Änderung unserer Kontodaten die Gemeinde stutzig machen müssen."