Maria Branyas Morera ist im Jahr 1907 auf die Welt gekommen. Mit acht Jahren ist sie mit ihrer Familie aus den USA nach Katalonien übersiedelt. Dort hat sie nicht nur zwei Weltkriege und den Spanischen Bürgerkrieg miterlebt, sondern auch die Spanische Grippe und später die Corona-Pandemie durchgestanden. Im Jahr 2023 wurde sie als ältester lebender Mensch der Welt ausgezeichnet, diesen Titel hat sie aber nur rund eineinhalb Jahre getragen, bevor sie mit 117 Jahren verstorben ist.
Vor ihrem Tod half sie allerdings noch einem Forschungsteam, mehr über die Gründe für ihr langes Leben herauszufinden. "Wir suchen in der Forschung schon lange nach einer Erklärung, warum es Menschen gibt, die gesünder und sozusagen besser altern als andere", sagt Eloy Santos vom José Carrera Forschungsinstitut in Barcelona im Gespräch mit ORF Wissen.
Die entnommenen Proben wurden dann ganz genau und mit unterschiedlichsten Methoden untersucht. "Wir haben das gesamte Spektrum ihres Genoms, ihres Transkriptoms (mRNA), ihres Mikrobioms (Mikroorganismen) und vieles mehr untersucht und haben die Ergebnisse dann mit den Daten von anderen sehr alten Menschen verglichen", so Santos. Die genauen Erkenntnisse werden aktuell vom Forschungsteam in einer Studie im Fachjournal "Cell Reports Medicine" vorgestellt.
Schon die Genetik von Maria Branyas Morera hat Besonderheiten gezeigt, die ihr beim gesunden Altern geholfen haben könnten. "Wir haben in den Proben einige genetische Varianten gefunden, die es so bei keiner anderen Person gibt – zumindest nicht in der europäischen Bevölkerung. Das allein ist etwas sehr Außergewöhnliches." Dazu zählen Merkmale, die mit bestimmten Schutzfunktionen im Gehirn und Herz zu tun haben, sowie auffallend niedrige Entzündungswerte. Ihr biologisches Alter war laut epigenetischen Markern sogar zehn bis fünfzehn Jahre jünger als ihr tatsächliches Alter.
"Es ist klar, dass Frau Branyas eine gute genetische Veranlagung gehabt hat. In ihrer Familie hat es anscheinend immer wieder Leute gegeben, die außergewöhnlich alt geworden sind", so Santos. Aber: "Die Genetik allein reicht nicht aus, um ihr hohes Alter und ihre Gesundheit vollends zu erklären."
Neben den Genen spielt auch der Lebensstil eine wichtige Rolle. Bei Maria Branyas Morera war der von gesunden Gewohnheiten geprägt. "Sie hat sich sehr ausgewogen ernährt, mit einer mediterranen Diät mit vielen Hülsenfrüchten, Gemüse, Obst und nur sehr wenig Zucker, Alkohol oder Fleisch."
Außerdem hatte sie einen ausgezeichneten Schlafrhythmus, sie ist fast jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett gegangen und hatte auch einen qualitativ hochwertigen Schlaf. Ein geregelter Schlaf-Wach-Rhythmus sei entscheidend für die körperliche und geistige Erholung und könnte ebenfalls zum gesunden Altern beigetragen haben.
Die Ergebnisse der Studie liefern laut dem Forschungsteam die bisher genauesten Einblicke in die Biologie des gesunden Alterns. Eloy Santos hofft, dass diese Erkenntnisse neue Wege aufzeigen, wie man gesund älter werden kann und wie Therapien entwickelt werden, die den Alterungsprozess verlangsamen und Krankheiten verhindern.
Die Studie zeigt aber auch ganz klar, dass du selbst einiges für ein gesundes Altern tun kannst. "Es geht darum, die Faktoren zu identifizieren, die wir selbst positiv beeinflussen können", betont Santos. "Auch wenn nicht jeder die genetische Veranlagung von Frau Branyas hat, können wir alle durch gesunde Gewohnheiten wie eine ausgewogene Ernährung, guten Schlaf und genug Bewegung viel für unsere Langlebigkeit und Gesundheit tun."