Depression, Angst, ADHS oder Autismus – viele psychische Störungen hängen enger zusammen als gedacht. Eine globale Analyse von DNA-Daten zeigt, dass gleiche genetische Risikofaktoren mehreren Erkrankungen zugrunde liegen und unser Verständnis von Psyche und Diagnose verändern könnten.
Psychische Erkrankungen treten häufig in Kombination auf – etwa Depression und Angst oder ADHS und Autismus. Eine neue, groß angelegte Studie bestätigt nun, was Fachleute längst vermutet hatten: Viele Störungen teilen sich genetische Grundlagen. Dafür haben Forscher von nahezu 500 Institutionen weltweit DNA-Daten von mehr als einer Million Menschen verglichen, bei denen psychische Erkrankungen diagnostiziert wurden. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt im Fachblatt "Nature" erschienen. Aus Österreich waren an der Studie die Medizinischen Universitäten Wien (MedUni Wien) und Graz sowie die Sigmund Freud Privatuniversität Wien beteiligt.
Die Ergebnisse zeigen, dass genetische Varianten, die das Risiko für eine bestimmte Störung erhöhen, oft auch die Wahrscheinlichkeit für andere psychische Erkrankungen steigern.
So finden sich gleiche Risikofaktoren etwa bei Depression, Angst und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Auch ADHS und Autismus haben gemeinsame genetische Risikofaktoren. Wie orf.at berichtet, ähneln sich auch die genetischen Grundlagen bei Suchterkrankungen wie Alkohol- oder Drogenabhängigkeit sowie bei Anorexie (Magersucht) und Zwangsstörungen. Schizophrenie und bipolare Störung teilen sich ebenfalls viele genetische Gemeinsamkeiten.
Psychiater orientieren sich seit Jahren an Diagnosehandbüchern, in denen psychische Erkrankungen anhand der Symptome zugeordnet werden. Die in der Studie gefundenen genetischen Überschneidungen zeigen aber, dass diese Einteilungen aus biologischer Sicht nicht immer die besten Grenzen setzen. Statt klar abgegrenzter Erkrankungen deutet die Genetik auf ein komplexes Netzwerk verwandter Risiken hin – ein Ergebnis, das klinische Konzepte und zukünftige Therapien beeinflussen könnte.
Schon vor dieser Untersuchung war bekannt, dass gewisse psychische Erkrankungen oft gemeinsam auftreten. Frühere Studien belegen etwa, dass die meisten Menschen mit einer Depression auch eine Angststörung haben.