Österreichs Rekordmann Aaron Gruen hat bei seiner WM-Premiere in Tokio Durchhaltevermögen bewiesen. Der 26-Jährige belegte trotz enormer Hitze und Krämpfen kurz vor dem Ziel Rang 52 in 2:22:07 Stunden – und war danach völlig erschöpft, aber erleichtert.
"Das war der mit Abstand schlimmste Marathon meines Lebens. Ich wollte nur durchkommen", stöhnte Gruen bei der "Krone" nach den 42,195 Kilometern. "Mir war es egal, ob ich in ein Krankenhaus komme oder sterbe. Ich wollte nur das Ziel erreichen. Denn es war eine Ehre, für Österreich laufen zu dürfen."
Ab Kilometer 22 hätte für den in München geborenen ÖLV-Läufer die Tortur begonnen. Von da an sei es für ihn nur noch ums Überleben gegangen. Am Ende machten sich auch noch Krämpfe in Oberschenkel und Bauch bemerkbar. Dennoch kämpfte sich Gruen, der erst drei Tage vor dem Rennen aus den USA eingeflogen war, von Platz 90 bis auf Rang 52 nach vorne. In Europa-Wertung bedeutete das immerhin Rang 16.
Dass Gruen überhaupt an der WM teilnahm, ist bemerkenswert – parallel zu seiner Sportkarriere absolviert er ein Medizinstudium an der Harvard University. Nebenbei spielt er leidenschaftlich Cello und hält seit März 2025 den österreichischen Marathon-Rekord (2:09:53 Stunden).
Im April sagte er im "Heute"-Talk über seinen Rekord: "Erst konnte ich es selbst nicht richtig glauben. Mittlerweile habe ich es aber verdaut. […] Bis jetzt habe ich mit dem Sport nur Verlust gemacht – sicher 30.000 Euro. Mit Flügen und Schuhen und so weiter."
Der Multitalent-Läufer lebt derzeit in Providence, zieht bald nach Boston, und träumt davon, eines Tages als Arzt und Musiker-Mediziner zu arbeiten. Olympia 2028 in Los Angeles ist eines seiner großen sportlichen Ziele.
Während Gruen tapfer kämpfte, lieferten die Topstars des WM-Marathons ein dramatisches Finale. Alphonce Simbu aus Tansania setzte sich erst im Zielfotoentscheid hauchdünn vor dem zeitgleichen Deutschen Amanal Petros durch. Nach 42 Kilometern entschieden am Ende Tausendstel Sekunden über Gold und Silber.
Für Petros war die Silbermedaille eine emotionale Genugtuung, Simbu durfte sich über den WM-Titel freuen. Der Marathon von Tokio schrieb damit gleich zwei Geschichten: an der Spitze ein episches Foto-Finish – und weiter hinten den unbeugsamen Kampfgeist eines Österreichers, der nicht aufgab.