Veggie-Verbot der EU

Grüne toben: "ÖVP ist Verbotspartei des Jahres"

Nach dem Beschluss des EU-Parlaments, Bezeichnungen wie "Veggie-Burger" oder "Soja-Wurst" zu verbieten, üben SPÖ, Grüne und Neos heftige Kritik.
Nick Wolfinger
08.10.2025, 15:46
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Die Annahme eines Gesetzesentwurfes zum Verbot von Begriffen wie "Sojafleisch", "Veggie-Burger" oder "Seitan-Schnitzel" im EU-Parlament in Straßburg sorgt für viel Spott und heftige Kritik. Dank den Stimmen von konservativen Volks- sowie Rechtsparteien wurde der Antrag mit 355 zu 247 Stimmen (bei 30 Enthaltungen) angenommen.

"Schade, dass sich die Mehrheit im Europäischen Parlament in einer Zeit, in der wir wirklich andere Probleme haben, mit so einem Unsinn beschäftigt", tönen mit dem deutschen CDU-Abgeordneten Peter Liese sogar aus den Reihen der Befürwortern kritische Stimmen durch, wie etwa die deutsche "Bild"-Zeitung berichtet.

ÖVP und FPÖ für das Verbot

Untern den Befürwortern des "Veggie-Verbotes" befindet sich auch die Österreichische Volkspartei (ÖVP). Landwirtschaftsminister Totschnig hatte zu der Frage bereits im Juni beim EU-Agrarministerrat erklärt: "Wir wollen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten auf den ersten Blick unterscheiden können zwischen tierischen Lebensmitteln und hoch verarbeiteten Industrielebensmitteln".

Auch die FPÖ hatte sich vor der Abstimmung klar für das Verbot ausgesprochen. "Kundentäuschung darf es nicht geben – wer Fleisch kauft, soll Fleisch bekommen, und wer Gemüse kauft, soll auch wissen, dass es Gemüse ist", teilte der FPÖ-EU-Abgeordnete Gerald Hauser gegenüber orf.at mit.

Grüner tobt: "ÖVP ist die echte Verbotspartei"

Deutliche Kritik kommt daher – wenig überraschend – von den Grünen. Dort sieht man die Fleisch-Lobby in Form von Agrar- und Landwirtschaftsverbänden als maßgebliche Kraft hinter dem Angriff auf vegane Fleischalternativen. "Die Europäische Volkspartei scheint einen absoluten Fleisch-Fetisch zu haben und zeigt deutlich, wer die echte Verbotspartei ist", heißt es etwa vom österreichischen EU-Abgeordneten Thomas Waitz (Grüne) in einer ersten Reaktion.

"Kein Landwirt wird deswegen mehr verdienen"

"Überall deregulieren sie mit dem Bulldozer, aber hier wollen sie auf einmal Bürger*innen bevormunden und für dumm verkaufen. Veggie-Burger, Seitan-Schnitzel und Tofuwurst verwirren Konsument*innen nicht. Das Ablenkungsmanöver ist erbärmlich. Als nächstes wollen sie noch das Thunfisch-Steak, Hackschnitzel oder gar Katzenzungen verbieten", ätzt der Grüne und schlussfolgert: "Kein Landwirt wird wegen des Verbots mehr Geld verdienen und seine Zukunft absichern können.“

Konsumenten kennen den Unterschied

Auch Verbraucherschutzorganisationen können das Argument des Gesetzesbefürworter, die Konsumenten würden durch Begriffe wie "Soja-Fleisch" oder "Veggie-Burger" in die Irre geführt werden, nicht nachvollziehen. Eine europaweite Umfrage der Verbraucherschutzorganisation BEUC aus dem Jahr 2020 ergab, dass sich 70 Prozent der Verbraucher nicht an Begriffen wie "Veggie-Burger" stören, solange die Produkte eindeutig als vegetarisch oder vegan erkennbar sind.

NGO: "Geschenk an die Fleischindustrie"

"Das ist kein Verbraucherschutz, sondern einzig ein Geschenk an die Fleischindustrie", kritisiert auch die österreichische NGO foodwatch. "Niemand kauft versehentlich ein Seitan-Schnitzel, weil er glaubt, es sei ein Schweinsschnitzel", schreibt foodwatch-Leiterin Indra Kley-Schöneich in einer Aussendung.

Neos: "Wurst-Case-Szenario eingetroffen"

Deutliche Kritik kommt auch von den Neos. "Das ist reiner Würstlpopulismus, der kein einziges echtes Problem der Europäerinnen und Europäer löst", schreibt Neos-Europaabgeordnete Anna Stürgkh in einer Aussendung. Die liberale Partei ist gegen eine "Bevormundung und Entmündigung der Bürgerinnen und Bürger". Man greife schließlich auch zu "Fleischtomaten, ohne Fleisch zu erwarten", so die Abgeordnete.

"In einer Zeit, in der an Europas Grenzen Krieg herrscht, die Menschen und Unternehmen unter der hohen Inflation leiden und wir dringend über Energiesicherheit und Wettbewerbsfähigkeit reden sollten, diskutiert das EU-Parlament über Wortverbote für Veggie-Produkte. Das ist völlig losgelöst von den realen Sorgen und Anliegen der Menschen in Europa", so Stürgkh.

SPÖ: "Scheindebatte"

Auch der SPÖ-Europaabgeordnete Günther Sidl kritisiert die Europäische Volkspartei scharf für "ihr Ablenkungsmanöver". Statt die Rechte der Landwirte zu stärken, "dringend notwendige Reformen" umzusetzen und EU-Vorschriften zu vereinfachen versuche die EVP, die Debatte "umzulenken".

"Es gibt längst klare Vorgaben, die sicherstellen, dass pflanzliche Produkte eindeutig als solche gekennzeichnet sind. Was jedoch bis heute fehlt, ist eine verpflichtende Kennzeichnung tierischer Produkte nach Haltungsform und Herkunft. Das wäre ein echter Schritt zu mehr Transparenz", plädiert Sidl für einen Fokus "auf die echten Herausforderungen".

{title && {title} } NW, {title && {title} } Akt. 09.10.2025, 10:30, 08.10.2025, 15:46
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